Irme Stetter-Karp über den Einfluss von Krieg und Corona auf das Programm

ZdK-Präsidentin: Keine Kriegstreiber beim Katholikentag in Stuttgart

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Irme Stetter-Karp ist als Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken erstmals Katholikentags-Veranstalterin. Sie sagt, wie die Ukraine das Programm prägt, welche Rolle der Synodale Weg spielt und worauf sie sich besonders freut.

Frau Stetter-Karp, nicht nur Corona stellt Sie vor Probleme, die es noch bei keiner Katholikentags-Vorbereitung gab. Wie gehen Sie damit um?

Wir mussten und müssen große Flexibilität an den Tag legen und auf Sicht fahren. Immer wieder galt es, das Programm anzupassen, beispielsweise die Pandemie und jetzt auch den Krieg inhaltlich zu berücksichtigen. Hinzu kommt: Die meisten scheinen sich immer kurzfristiger anzumelden. Dieses Verhalten wird durch Corona, aber auch durch den Krieg und die Kirchenkrise noch verstärkt. Wir werden deshalb erst sehr spät sagen können, wie viele sich für eine Dauerteilnahme oder für Tagesbesuche entschieden haben.

Haben Krieg und Corona die Haltung ausgelöst „Katholikentag – jetzt erst recht“?

Nein. Trotz ist keine gute Reaktion. Es geht um Beharrlichkeit, Standvermögen und Zuversicht. Dass es einen Katholikentag in Stuttgart geben würde, ist ja schon lange bekannt. Weit im Voraus muss auch geplant werden, weil die gastgebende Diözese viele Vorbereitungen zu treffen hat. Und natürlich hat gerade in diesen Zeiten ein Katholikentag der Welt etwas zu sagen. Wir alle waren jetzt sehr lange auf enge Räume verwiesen – und haben jetzt wieder die Chance, andere direkt zu treffen.

Worauf freuen Sie sich vor allem?

Endlich wieder mit Menschen direkt sprechen, über die aktuellen Probleme diskutieren zu können. Bei Katholikentagen kommen Menschen aus Politik, Gesellschaft, Kirchen und Religionen aus dem In- und Ausland zusammen. Sie alle eint das Interesse, die Welt besser machen zu wollen. Besonders gespannt bin ich auf das, was zum Krieg gegen die Ukraine gesagt wird.

Haben denn die Kirchen noch etwas zu sagen zu den großen Themen der Zeit: Krieg, Frieden, Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit?

Das Programm zeigt, dass diese Herausforderungen vielfältig zur Sprache kommen: Weltweite Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit stehen ebenso auf der Tagesordnung wie Globalisierung, es gibt eine Ausstellung zu Folgen der Klimakrise. Innenpolitisch geht es auch um Rechtspopulismus und Feindschaft gegenüber Juden. Das Lieferkettengesetz, Flucht und Migration, auch europäische Fragen und der Umgang mit der Pandemie werden behandelt.

Das geschieht anderswo auch.

Nennen Sie mir einen anderen Ort, an dem über vier Tage Menschen aus ganz unterschiedlichen Arbeitsfeldern und Lebenssituationen direkt miteinander nach Lösungen für Weltprobleme suchen, ihre Sichtweisen austauschen, Netzwerke für die Zukunft knüpfen, den Glauben als Kraftwerk für Veränderungen nutzen! Was uns besonders auszeichnet: Wir behandeln diese Fragen nicht eurozentrisch, bei uns kommen auch Gäste und Partner aus dem globalen Süden zu Wort. Diese Vielfalt bei der Suche nach Antworten ist unser Plus. Denn die Zukunftsfragen machen ja nicht an den europäischen Grenzen halt. Wir sind als Katholiken Teil der Einen Welt.

Alt-Bundespräsident Christian Wulff hat einen weltweiten Aufschrei der Christen gegen die Äußerungen des russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill zum Krieg gefordert. Wie kommt die Orthodoxie in Stuttgart vor?

Es werden orthodoxe Christen auf dem Katholikentag vertreten sein, nicht aber Kriegstreiber. Mit Blick auf die russisch-orthodoxe Kirche stehen wir vor einer großen Spannung: Wir dürfen Kyrills Begründung des Krieges auf keinen Fall tolerieren.

Kommen auch Vertreter der russisch-orthodoxen Kirche?

Zu einzelnen Personen kann ich noch nichts sagen. Wir wollen aktuell reagieren, müssen aber auch gewissenhaft und verantwortungsvoll prüfen, wer auf einem Podium mitwirken kann. Deshalb wird möglichst spät entschieden, ob und welche Vertreter dieser Kirche kommen.

Macht, Missbrauch und der Umgang mit Frauen – solche binnenkirchlichen Themen müssen vorkommen. Wie wollen Sie Nabelschau vermeiden?

Nabelschau halte ich für keine wirkliche Gefahr. Wir alle müssen uns neue Fragen gefallen lassen. Auch die, wo wir bislang die Augen vor der Wirklichkeit verschlossen haben. Wegsehen hilft in unserer Kirche so wenig wie bei den politischen Fragen. In 31 Veranstaltungen befassen wir uns deshalb mit den Themen des Synodalen Wegs. Ohne Reformen werden wir als Katholikinnen und Katholiken im öffentlichen Raum nicht mehr ernst- und wahrgenommen. Wir lassen also weder die politischen noch die kirchlichen Probleme aus dem Blick.

Der Synodale Weg gerät zunehmend unter Druck. Halten Sie es nicht für ein Problem, wenn nur die Reformagenda thematisiert wird, ohne dass konservative Stimmen zu Wort kommen?

Die Teilnehmenden stehen keineswegs nur für eine Richtung. Und aus dem Ausland kommt nicht nur Kritik, sondern auch viel Zustimmung, zuletzt von den österreichischen Laien.

Das ändert nichts daran, dass Konservative wie Kardinal Rainer Maria Woelki und Bischof Rudolf Voderholzer nicht vorkommen.

Ich hätte mich gefreut, wenn sie teilgenommen hätten. Ich will das Fernbleiben aber nicht überbewerten.

Wie viele Teilnehmende erwarten Sie beim Katholikentag?

Die Frage lässt sich jetzt nicht seriös beantworten, täglich kommen viele Anmeldungen hinzu und vielleicht beschert uns gutes Wetter noch mehr Gäste. Ganz klar wird dieser Katholikentag ein eher kleinerer werden, denn es hat einfach zu lange gedauert, die hohen Inzidenzen nach unten zu drücken. Da bucht man nur schwer im Voraus eine Karte.

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