Anzeige
Ehemalige Mitglieder der katholischen Gemeinschaft „Totus Tuus“ werfen der Gruppe sektenartige Strukturen und geistlichen Missbrauch vor. Schon als Jugendliche seien sie von ihren Familien isoliert und psychisch unter Druck gesetzt worden, sagten sie der „Herder Korrespondenz“ (Juni-Ausgabe).
Die rund 100 Mitglieder umfassende Gruppe wurde laut Bericht 1994 von dem Herner Lastwagenfahrer Leon Dolenec gegründet. Sie sei bundesweit in katholischen Pfarreien zu Gast und gestalte etwa Gebetsabende.
Im Bistum Münster anerkannt
Das Bistum Münster, wo „Totus Tuus“ (lateinisch „Ganz Dein“) als kirchliche Gruppe anerkannt ist, untersucht seit 2017 die Vorwürfe im Rahmen einer bischöflichen Visitation. Ehemalige Mitglieder beklagen laut „Herder Korrespondenz“, die Aufarbeitung werde vom Bistum verschleppt und nicht von unabhängigen Personen durchgeführt.
Das Bistum Münster weist diese Vorwürfe in einer Stellungnahme zurück, die „Kirche-und-Leben.de“ vorliegt. Der Visitator Jochen Reidegeld sei nicht „Geistlicher Beirat“ von „Totus Tuus“ und habe keine besondere Verbindung zu der Gemeinschaft, die zu einer Befangenheit führen könne. Zudem gebe es neben Reidegeld mit Schwester Birgitte Herrmann eine zweite gleichberechtigte Visitatorin.
Visitation soll 2020 abgeschlossen sein
Die Vorwürfe gegen die Gemeinschaft nehme das Bistum ernst, die Visitatoren seien ihnen gründlich nachgegangen. Im Zuge der Visitation, die voraussichtlich im nächsten Jahr abgeschlossen werde, werde nun geprüft, ob die Gemeinschaft sich mit den Vorwürfen auseinandersetzen wolle. Das Bistum erkenne „Ansatzpunkte“ für eine solche Bereitschaft.
Das Bistum bestätigte in der Stellungnahme, dass Weihbischof Christoph Hegge als früherer Geistlicher Beirat von „Totus Tuus“ bereits im Vorfeld der Visitation Kritik an der Gruppe geäußert hatte. In einer internen Mail schrieb er 2017 von „Leistungsdruck“, „Redeverboten“ und dem Einfordern von „blindem Gehorsam“. Die Mitglieder, so Hegge, fühlten sich „in ihrer freien Entwicklung beeinträchtigt, insbesondere im Bereich Sexualität, Ehe und Berufung“.
Kritik an der Art der Veröffentlichung
Kritik übt die Erklärung des Bistums an der „Herder Korrespondenz“. Die Bitte der Redaktion um Stellungnahme sei erst kurz vor Veröffentlichung des Artikels erfolgt. Das Bistum habe dem Autor ein ausführliches Gespräch angeboten, zu dem dieser vor Veröffentlichung „nicht bereit beziehungsweise in der Lage“ gewesen sei.