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Die deutschen katholischen Bischöfe haben sich zu Verfehlungen ihrer Vorgänger im Zweiten Weltkrieg bekannt. Bei der Vorstellung einer Erklärung sagt Bischof Georg Bätzing von einem Schuldbekenntnis, das nicht leicht fiel.
Die deutschen katholischen Bischöfe haben sich zu Verfehlungen ihrer Vorgänger im Zweiten Weltkrieg bekannt. „Indem die Bischöfe dem Krieg kein eindeutiges 'Nein' entgegenstellten, sondern die meisten von ihnen den Willen zum Durchhalten stärkten, machten sie sich mitschuldig am Krieg“, heißt es in einem am Mittwoch veröffentlichten Wort der Deutschen Bischofskonferenz zum Kriegsende vor 75 Jahren. „Auch gegen die ungeheuerlichen Verbrechen an den als 'rassenfremd' diskriminierten und verfolgten Anderen, insbesondere den Juden, erhob sich in der Kirche in Deutschland kaum eine Stimme“, so die Bischöfe.
Der Bischofskonferenz-Vorsitzende Georg Bätzing nannte das 23-seitige Papier ein „Schuldbekenntnis“. Zugleich betonte er, dass es ihm und seinen Amtsbrüdern nicht leicht gefallen sei, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. „Denn wir wissen, dass uns die Rolle des Richters über unsere Vorgänger nicht gut zu Gesicht steht.“
Warum der Holocaust nicht eigens thematisiert wurde
Die Nachgeborenen müssten sich aber der Geschichte stellen, „um aus ihr zu lernen für Gegenwart und Zukunft“, so Bätzing weiter. Er warnte davor, einen Schlussstrich unter die NS-Geschichte zu ziehen. „Wir dürfen uns nicht zurücklehnen, sondern müssen das Erbe in die Zukunft tragen.“ Es gelte stattdessen, gegen neue Formen von Nationalismus und Antisemitismus entschieden Stellung zu beziehen.
Der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer sprach mit Blick auf das Schreiben von einem „komplexen Unterfangen“ und verteidigte zugleich die Tatsache, dass der Holocaust nicht eigens thematisiert wurde. Dazu laufe bereits seit langem eine intensive Auseinandersetzung und Aufarbeitung. Wilmer ist Vorsitzender der Kommission Justitia et Pax (Gerechtigkeit und Frieden), die an der Erarbeitung des Textes federführend beteiligt war. Wilmer kündigte an, die Bischöfe wollten die Versöhnungs- und Erinnerungsarbeit unter anderem mithilfe der Maximilian-Kolbe-Stiftung ausbauen.
Bischöfe arbeiten mit Historikern zusammen
Der Historiker Christoph Kösters von der in Bonn ansässigen Kommission für Zeitgeschichte betonte, dass sich die deutschen Bischöfe auch mithilfe von Historikern bereits seit vielen Jahren kritisch mit der NS-Vergangenheit auseinandersetzten. Eigens wies er auf die nach 2000 einsetzenden, systematischen Nachforschungen über Zwangsarbeit in katholischen Einrichtungen hin. Diese hätten die Einsicht in die „vielfältigen Verschränkungen von katholischer Kirche und nationalsozialistischer Kriegsgesellschaft“ vertieft.
Das jetzt vorgelegte Wort der Bischöfe fügt sich in eine Reihe von Erklärungen zum Zweiten Weltkrieg und dem NS-Regime ein. Zuletzt hatten der Münchner Kardinal Reinhard Marx und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, Ende Januar an den 75. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz erinnert.
Vereinzelt habe es „echten Heldenmut“ gegeben, hielten die beiden kirchlichen Spitzenvertreter fest. „Doch dürfen wir nicht darüber hinwegsehen, dass viele Christen mit dem nationalsozialistischen Regime kollaboriert, zur Verfolgung der Juden geschwiegen oder ihr sogar Vorschub geleistet haben.“