Anzeige
Was geschieht in einer Stunde? Die Reporter von "Kirche-und-Leben.de" haben 60 Minuten lang hingeschaut, begleitet, zugehört. Und aufgeschrieben. Mehr nicht. An vier Orten im Bistum Münster, an denen Kirche auf ganz unterschiedliche Weise konkret wird. Heute im Forum St. Peter Oldenburg. Die dortige Cityseelsorge öffnet suchenden und fragenden Menschen. Auch denen, die nur zufällig vorbeikommen.
Ein grauhaariger Mann mit weißer Jacke kommt von den Stühlen draußen in der Sonne, hält in der Hand eine Zeitung an einer Lesestange. Er sucht das Gespräch mit Ruth Wittmer an der Rezeption. Kaffeeduft zieht durch die Luft.
Wittmer wirft einen Blick zum Eingang: Ein DHL-Bote kommt mit Paketen auf einer Sackkarre herein. Rita Wittner, Ehrenamtliche im Präsenzdienst, ruft ihm zu: „Aufpassen mit der Karre, ihr Kollege ist schon mal gegen die Glastür gelaufen.“ Eine ältere Frau mit grünem Rucksack geht hinter dem Boten, lässt den Blick schweifen, geht dann zielstrebig zur Kaffeeküche. Ob Cappuccino oder schwarz, egal, kostet nichts.
Cityseelsorge lädt ein
Vor dem Café rechts ein Stand mit Grußkarten, keine scheint so richtig fromm. Dabei ist das eigentlich ein frommer Ort, wenn man so will: Die katholische Kirche lädt hier ein zur Begegnung. In der Großstadt Oldenburg, in das Forum St. Peter, Zentrum der Cityseelsorge. Begegnung mit Lautstärke. Die Gespräche in den verschiedenen Ecken bleiben nicht leise.
Begegnung geht auch vor der Tür: Zwischen dem Forumsgebäude und der Kirche St. Peter haben sich zwei Frauen an Tische gesetzt. Alles in allem: In zehn Minuten hat der Beobachter mehr als 20 Menschen gezählt, die das Forum betreten haben. Den ganzen Tag über sind es „regelmäßig Dutzende“, sagt Jan Magunski, seit einem halben Jahr Pfarrer im Forum St. Peter.
Auf dem Weg zur Caritas
Nicht alle wollen direkt das Forum besuchen. Manche gehen an Rezeption und Café vorbei zum Treppenaufgang mit dem großen Caritas-Logo. Wer ungewollt ein Kind bekommt – er findet dort Hilfe. Wem die Bank den Dispo sperrt – er findet dort Hilfe. Wer seine Partnerschaft zerbrechen sieht – er findet dort Hilfe.
Auch an diesem Morgen laufen mehrmals Frauen mit eiligem Schritt durch das Foyer des Forums, suchen nur das Treppenhaus. Sie gehören zu den Menschen, die Magunski salopp „Laufkundschaft“ nennt. Menschen, für die das Forum nicht direkt Ziel ist, die seine Räume nach ihrem Thema eher nachdenklich und aufgewühlt durchqueren.
Auf dem Weg von der Kirche
Laufkundschaft – das sind auch Menschen, die auf dem Weg zum Piushospital in der nächsten Querstraße vorbeikommen. Oder weil das Ärztehaus an der nächsten Ecke das Ziel ist. Oder auch die Kirche St. Peter selbst: nach dem stillen Gebet und dem Anzünden einer Kerze noch einen Kaffee trinken in unauffälliger Gemeinschaft. Genau für diese Menschen steht das Forum bereit.
Alle Besucher hier können Geschichten von Brüchen und Enttäuschungen erzählen.“ Das ist Magunskis Erfahrung. Beileibe nicht nur die Menschen, die sorgenvoll zur Caritas wollen.
Mit seiner Lage etwas außerhalb der unmittelbaren Innenstadt sei das Forum aber auch auf andere Akzente angewiesen, gibt Benedikt Feldhaus zu bedenken. Der Theologe leitet das Forum und sorgt mit Pfarrer Magunski für ein breites kulturelles und spirituelles Angebot, das Menschen auch gezielt anspricht.
Ehrenamtliche sprechen an
Ein älterer Mann in heller Jacke kommt jetzt durch die Tür, blickt mit offenem Mund umher, kämmt sich die Haare, setzt sich dann an einen Tisch neben dem Eingang und beginnt lautstark zu telefonieren. „Er kommt regelmäßig“, sagt Feldhaus.
Schon eine Menge Menschen hat Feldhaus hier ein- und ausgehen sehen. Eine ganze Reihe komme ganz bewusst ins Forum, sagt er. Auf der Suche nach Gesellschaft, nach Anschluss. Bereit, sich durch den „Präsenzdienst“ des Forums ansprechen und auf einen Kaffee einladen zu lassen.
Präsenzdienst leisten an diesem Morgen Rita Wittmer und Dagmar Müller-Otschick. Frauen, die schon acht und sechs Jahre im Forum präsent sind, die eine intensive Ausbildung etwa in Gesprächsführung hinter sich haben und im Forum mindestens einmal im Monat vormittags oder nachmittags für drei Stunden im Einsatz sind. Die überhaupt auf eine sorgfältige Schulung zurückblicken können. Denn der Dienst fordert weit mehr als dem zufälligen Gast einen Kaffee anzubieten, das wissen sie.
Mit Bedacht ins Gespräch
Es kommen auch schwierige Menschen. Damit muss ein Präsenzdienst umgehen können. Indem die Mitarbeiterschaft genau weiß, wie solche Gespräche zu führen sind. Wann es vielleicht helfend, wann eher begleitend sein sollte. Wann eigentlich der Seelsorger Jan Magunski gefragt ist.
In dieser zufälligen Stunde an einem zufälligen Sommermorgen ist die Atmosphäre jedenfalls rundum entspannt. Diesen Eindruck kann ein zufälliger Besucher mitnehmen.
Das Forum St. Peter in Oldenburg arbeitet seit Oktober 2010 und gehört zu einem Netzwerk von bundesweit 116 Projekten der katholischen Cityseelsorge. Im Bistum Münster gibt es neben dem Forum mit ähnlichem Ansatz noch das Kirchenfoyer in Münster und das Gasthaus in Recklinghausen. Ein wesentlicher Unterschied: Das Forum St. Peter liegt nicht an einer Haupt-Einkaufsstraße in der Innenstadt, sondern eher am Rand dieses Bereichs. Es wirbt deshalb mit einem eigenen offenen Begegnungs- und Bildungsprogramm gezielt um Besucher. Das Forum verfügt mit der ehemaligen Pfarrkirche St. Peter - anders als das Kirchenfoyer Münster - über ein eigenes geistliches Zentrum mit einem eigenen Pfarrer. Im Gebäude des Forums arbeiten auch kirchliche Beratungsstellen für Schwangere und für Ehepaare sowie der Caritasverband für die Stadt Oldenburg.