Ein Jahr nach Vorstellung des Missbrauchs-Gutachtens

Genn: Klarere Konsequenzen auch bei Übergriffigkeiten

  • „Der Kampf gegen sexuellen Missbrauch ist keineswegs vorbei.“
  • Das betont Bischof Felix Genn ein Jahr nach Vorstellung des Missbrauchs-Gutachtens für das Bistum Münster.
  • Dazu könnten eine „Disziplinarkammer“ und ein diözesanes Verwaltungsgericht gehören.

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Es ist ein problematischer Graubereich: wenn Geistliche gegenüber anderen Menschen sogenanntes grenzüberschreitendes oder unangemessenes Verhalten an den Tag legen. Juristisch geht es dabei nicht unbedingt um sexuellen Missbrauch im engen Sinn, strafrechtlich sind sie womöglich nicht relevant – aber im Bistum Münster sollen solche Übergriffe künftig rechtssicher und transparent zu Disziplinarmaßnahmen führen können.

Das geht aus einem Brief von Bischof Felix Genn an alle hauptamtlichen Mitarbeitenden und freiwillig Engagierten im Bistum Münster hervor. Anlass ist die Vorstellung des Missbrauchs-Gutachtens für das Bistum Münster am 13. Juni 2022.

Genn beauftragt Schüller und Neumann

Genn beklagt darin einen „Graubereich“, der zeige, „wie schwierig es ist, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen und umzusetzen“. Der Bischof räumt ein, dass derartige Übergriffigkeiten und Grenzverletzungen von Priestern gegenüber anderen erwachsenen Personen „in der jüngsten Vergangenheit in unserem Bistum in den Fokus gerückt“ seien.

Zwar habe er jeweils Maßnahmen gegen die beschuldigten Priester ergriffen, schreibt Genn; es gebe aber rechtlich eine „Regelungslücke“ für solche strafrechtlich nicht relevanten Fälle. Daher habe er die beiden Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller und Thomas Neumann um Unterstützung gebeten. Genn kündigt an, die beiden Experten würden einen Vorschlag für die Einrichtung einer „Disziplinarkammer“ vorlegen. Derart geregelte Verfahren gewährten „Rechtssicherheit und Transparenz nach rechtsstaatlichen Standards für beide betroffenen Parteien“.

Schiedskammer für Bistum Münster

Schüller und Neumann hätten zudem eine mögliche Ordnung für eine diözesane Verwaltungsgerichtsbarkeit vorgestellt, berichtet Genn. Das Kirchenrecht ermögliche es jedem Bischof, so eine „Schiedskammer“ einzurichten. Damit könnten Menschen kirchliche Verwaltungsakte gegen sie überprüfen lassen. Genn kündigte an, sich Urteilen solcher Verwaltungsgerichtsbarkeit zu stellen. Ob der Vatikan eine solche Instanz zulassen würde, gilt nicht als sicher.

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