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Nach Darstellung der Organisatoren war die Veranstaltung ein voller Erfolg: Der erste "Segnungsgottesdienst für alle sich liebenden Paare" der Pfarrei St. Lambertus Mettmann habe Ende März auch Menschen aus den Nachbarstädten Hilden und Düsseldorf in die Thomas-Morus-Kirche gelockt. Vorbereitet hatte die Feier die Arbeitsgruppe "Regenbogenkirche für alle", die sich seit 2022 in der Gemeinde für mehr Akzeptanz sexueller Minderheiten in der katholischen Kirche einsetzt.
Höhepunkt der Feier waren Salbung und Segnung der Teilnehmenden, die Gemeindereferentin Ulrike Platzhoff und Pfarrer Herbert Ullmann vornahmen. Als stimmungsvoll und bewegend schildern Anwesende den Gottesdienst. So etwas habe sie bisher noch nie in einer Kirche erlebt, meinte eine Besucherin. Doch inzwischen macht sich unter den Veranstaltern Ernüchterung breit, sogar von Entsetzen ist die Rede.
Erzbistum: Wir sagen nichts zu Personalfragen
Bei einem Vorbereitungstreffen für eine Neuauflage des Gottesdienstes im Februar 2024 habe Pfarrer Ullmann die Arbeitsgruppe über eine Reaktion des Erzbistums Köln informiert, sagt Mitglied Maximilian Bröhl. Nach Angaben der AG musste Ullmann eine Stellungnahme abgeben und erhielt eine "Abmahnung" vom Erzbistum, "nachdem eine unbekannte Person unseren Pfarrer in Rom angezeigt hat". Zugleich sei dem Geistlichen untersagt worden, weitere "Segnungsgottesdienste für alle sich liebenden Paare" im Sendungsraum Mettmann-Wülfrath zu feiern.
Das Erzbistum wollte den Vorgang, der durch einen Bericht der "Rheinischen Post" öffentlich wurde, nicht kommentieren. "Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass wir uns zu Personalangelegenheiten grundsätzlich nicht äußern können", teilt die Pressestelle auf Anfrage mit. Der gemaßregelte Pfarrer Ullmann ist derzeit im Urlaub.
Kirchenrechtler: Vermutlich eine Verwarnung
Aus Sicht von Kirchenrechtler Norbert Lüdecke ist der Fall an sich unstrittig: "Ein Pfarrer hat vor seiner Amtsübernahme erneut zu bekennen, dass er sich mit allen verbindlichen Lehren der Kirche identifiziert, einschließlich der ausnahmslosen sittlichen Verurteilung nicht-heterosexueller Handlungen. Und er hat geschworen, alle kirchlichen Vorschriften einzuhalten. Zu ihnen gehört auch, keine Nicht-Hetero-Beziehungen zu segnen." Der Kölner Kardinal wiederum sei - wie alle Bischöfe - verpflichtet, "auf die Einhaltung aller kirchlichen Gesetze zu drängen und Missbräuchen auch in Bezug auf die Sakramentalien, zu denen auch Segnungen gehören, vorzubeugen".
Weil es im Kirchenrecht eine Abmahnung nicht gibt, vermutet Lüdecke hinter der Maßnahme eine Verwarnung. "Mit ihr wird der Pfarrer aufgefordert, einen solchen Rechtsverstoß nicht noch einmal zu begehen, andernfalls er auch mit Bestrafung zu rechnen hat."
Der Beschluss des Synodalen Wegs
Aber wie passt das in die aktuelle Reformdebatte? Bei der letzten Vollversammlung des Synodalen Wegs stimmten die Teilnehmer Mitte März in Frankfurt mehrheitlich für die Möglichkeit von Segensfeiern für homosexuelle Paare - wenige Tage, bevor der Gottesdienst in Mettmann stattfand.
Noch im Mai stellte sich der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, hinter das Anliegen. Es müsse lediglich noch eine seelsorgliche Handreichung erarbeitet werden, die deutlich mache, dass eine Segensfeier keine Ehe und kein Sakrament sei: "Hier liegt die Grenze."
Woelki will auf Rom warten
Tatsache ist aber auch, dass sich Woelki bei der Abstimmung in Frankfurt der Stimme enthielt. Kurz darauf erklärte er, zum Umgang mit homosexuellen Paaren warte er auf eine Stellungnahme aus dem Vatikan. Zuletzt hatte die dortige Glaubensbehörde 2021 auf eine Anfrage hin mitgeteilt, es sei katholischen Priestern nicht erlaubt, gleichgeschlechtliche Paare zu segnen, die um eine religiöse Anerkennung ihrer Vereinigung bitten.
Nach Ansicht von Kirchenrechtler Lüdecke illustriert der Fall ein Grunddilemma des Synodalen Wegs. Der Kölner Kardinal habe von Anfang an erklärt, er fühle sich den dort erzielten Ergebnissen gegenüber völlig frei: "Das ist er auch. Wie seine Amtskollegen mit ihnen umgehen, ist für ihn rechtlich irrelevant."
Enttäuschung an der Basis
Manche Katholiken an der Basis fühlen sich gleichwohl vor den Kopf gestoßen. In der Mail, mit der sich die AG "Regenbogenkirche" an den Kardinal und das Generalvikariat wandte, heißt es: "Wir fühlen uns in einer Kirche, in der ausgegrenzt und diskriminiert wird, nicht mehr wohl. Und da wir gerne etwas verändern möchten, haben wir uns gegen einen Austritt aus unserer Kirche entschieden und für Veränderung durch gemeinsames Tun." Es falle schwer, in Gottesdiensten und bei kirchlichen Aktivitäten die Liebe Gottes zu spüren, "wenn wir gleichzeitig wissen, dass die Institution Kirche bestimmte Formen der Liebe und geschlechtlichen Identität nicht akzeptiert".
#OutInChurch protestiert
Die Initiative #OutInChurch hat gegen die Maßregelung von Pfarrer Herbert Ullmann durch Kardinal Rainer Maria Woelki protestiert und sich mit dem Pfarrer und dem Vorbereitungsteam in Mettmann solidarisiert. Mit Woelkis Vorgehen werde das "Anliegen einer menschenfreundlichen und einladenden Pastoral" radikal durchkreuzt, heißt es in einer Erklärung.
Der Kardinal fördere mit seinem Verhalten "weiterhin eine Kirche der Angst. Diese Vorgänge offenbaren erneut, dass im Erzbistum Köln ein System der Denunziation und Einschüchterung, der Drohung und des Machtmissbrauchs herrscht und auch gegen anderslautende Beteuerungen ungehindert weitergeht".
Noch im März habe Woelki bei "einem Treffen mit Vertreter*innen unserer Initiative #OutInChurch zu der pastoralen Praxis in Mettmann gesagt, dass er derartige Handlungen nicht sanktionieren werde". Nun werde deutlich, dass "auf das Wort dieses Kardinals keinerlei Verlass ist".
#OutInChurch vereint queere Katholikinnen und Katholiken. Am Beginn der Initiative stand das Outing von bundesweit 125 Beschäftigten der katholischen Kirche als nicht-heterosexuell. | jjo.
Update 19.45 Uhr: Reaktion #OutInChurch