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Am Pfingsttag braust der Heilige Geist durch die Reihen der Gläubigen. Sturm gibt es derzeit genug unter den Gläubigen. Aber es braucht mehr davon, findet unsere Gastkommentatorin Rike Bartmann.
Brausen. Feuerzungen. Fremde Sprachen. Klar, das kommt uns bekannt vor – das ist Pfingsten, gut 2.000 Jahre her. Aber für mich ist das noch so viel mehr, so viel mehr im Hier und Jetzt. Wie heftig ist das Brausen in der Kirche in den letzten Monaten? Das Verbot für die Segnung homosexueller Paare braust seit dem 15. März durch die katholische Welt. Die einzelnen Menschen dürfen gesegnet werden, der Mann oder die Frau allein. Aber nicht deren Liebe?! Wie kann das denn sein?
Ich bin der festen Überzeugung, dass Gott die Menschen liebt. Alle. Große, kleine, dicke, dünne, arme, reiche, schwarze, weiße, hetero, schwule, lesbische, bi, trans, inter. Alle. Gott. Liebt. Uns. In der Bibel steht sogar: Gott ist die Liebe (1 Joh 4,16).
Jetzt segne ich erst recht!
Die Autorin
Rike Bartmann ist pädagogische Referentin bei der Katholischen Landesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz NRW. Sie wuchs im Sauerland auf, hat ihre Wurzeln in der Katholischen jungen Gemeinde (KjG), studierte katholische Theologie auf Lehramt und ist seit acht Jahren Autorin und Sprecherin bei „Kirche in 1Live“ im WDR-Hörfunk.
Und jetzt darf die Liebe zweier Menschen nicht gesegnet werden?! Zwei Männer, die sich lieben, zwei Frauen, die Ja zueinander sagen wollen. Da wird deren Liebe doch unsagbar klein gemacht. Während im Namen der Kirche Autos, Motorräder, Haustiere, Geschenke, Aufzüge und Häuser gesegnet werden dürfen?
Das Wort Segen kommt aus dem Lateinischen, bene-dicere, das bedeutet „Gutes sagen“. Und Gutes sagen kann ja wohl jede und jeder. Ich habe mir vor ein paar Wochen vorgenommen: „Jetzt segne ich erst recht!“ Jeden und jede. Egal ob homo oder hetero. Gott mag es bunt und vielfältig, da bin ich mir sicher. Das Zeichen seines Bundes ist der Regenbogen, und der ist ja wohl auch bunt und voller Farben.
Mehr Brausen - auch wenn ich nicht alles sofort verstehe
Aber Pfingsten ist auch Staunen. Ich staune in den letzten Wochen über so vieles, über all das Schöne, das ich gerade jetzt sehe. Die Regenbogenfahnen, die plötzlich überall hängen, die Kirchtürme, Pfarrhäuser und Fahnenstangen auf Kirchplätzen kunterbunt erscheinen lassen. Wie schön wäre es, wenn unsere Wahrnehmung irgendwann anders herum wäre und nicht „Oh, da hängen aber plötzlich viele Fahnen!“, sondern das ein alltägliches Bild wäre! Lasst die Fahnen hängen und im Brausen weiter wehen!
Und auch die Segnungsgottesdienste am 10. Mai unter dem Motto #liebegewinnt gehören für mich dazu. 111 Gottesdienste in ganz Deutschland, in denen die Liebe gesegnet wurde. Segnet weiter! Über den Mai hinaus. Jede und jeden, egal ob schwul, lesbisch, hetero, trans, inter oder bi.
Ich wünsche mir, dass Gott noch viel mehr von seinem Geist ausgießt. Ein bisschen mehr Pfingsten im Alltag. Mehr Brausen, mehr Feuerzungen, mehr fremde Sprachen. Auch, wenn es mir vielleicht erst einmal schwerfällt, den anderen oder die andere zu verstehen.
Die Positionen der Gast-Kommentare spiegeln nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von „Kirche-und-Leben.de“ wider.