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Idyllische Treckerfahrten am Strand bei Sonnenuntergang, Adrenalin beim Fahnenspiel in den Dünen und riesige Wiesen zum Fußballspielen – das ist Ameland für Kinder und Jugendliche. Freizeiten auf der Insel, gerade aus dem Bistum Münster, haben eine lange Tradition. Doch Höfe werden geschlossen und das Interesse von Investoren an der Insel ist offenbar groß. Nicht wenige Insulaner stellen sich die Frage: Wird Ameland das neue „holländische Sylt“?
Zu den Zahlen: Auf Ameland gibt es ein Lagersterben. Von 54 Lagern vor der Corona-Pandemie ist die Zahl der Höfe, die Kapazitäten für große Ferienfreizeiten bieten, auf 45 gesunken, sagt die Vorsitzende der Lagerbetreiber auf Ameland, Annet Boelens.
Weitere Lager liebäugeln mit der Schließung oder dem Umbau zu Appartements, sagt Boelens im Interview mit Kirche-und-Leben.de. Und die Toleranz der Insulaner und Feriengäste für die vielen Freizeiten sei gesunken.
Appartement-Betreiber: Gutes Verhältnis zu Ferienfreizeiten
Zur Themenwoche:
Ferienfreizeiten auf Ameland haben in den Pfarreien im Bistum Münster einen hohen Stellenwert. Aus keiner anderen deutschen Diözese fahren so viele Kinder auf die holländische Insel. Häufig sind die zwei Wochen der Höhepunkt ihrer Sommerferien. Das erste Mal ohne Eltern im Ausland, neue Freundschaften und das Lernen in einem Team zu arbeiten: Wer schon einmal auf einer Ferienfreizeit dabei war, erzählt meist sein ganzes Leben von den vielen Abenteuern. Aber haben Ferienfreizeiten auf Ameland eine Zukunft? Ein Überblick über die Stimmung auf der Insel.
Zu vielen Gruppen hat Leo Kiewied einen guten Draht. Für ihn gehören die vielen Kinder zu Identität der Insel. Doch selbst vermieten möchte der gebürtige Insulaner seine drei Häuser nicht mehr an die Gruppen. Während der Corona-Pandemie hat er mit seiner Frau den Hof „Paasduin“ geschlossen und zu Appartements umgebaut. Schon vor der Pandemie machten sie sich über einen Umbau Gedanken.
Ärger hätten sie nicht mit den Ferienfreizeiten gehabt, das betont Kiewied. Das sei immer ein tolles Verhältnis gewesen. Aber die Studierendengruppen in der Vor- und Nachsaison seien ihm ein Dorn im Auge gewesen. „Nachts sind die auf einmal durch unseren Privatgarten gelaufen.“ Auch hätten die Vermieter mit der Lautstärke ihrer Gäste gekämpft.
Während Pandemie keine Lager auf Ameland
Leo Kiewied in der Küche in einer seiner Appartements.
Und dann kam Corona: Freizeiten, so auch aus dem Bistum Münster, durften nicht auf die Insel, Familien schon. Zwei Fragen standen im Raum: Wie lange geht das noch so? Und wie verdienen wir Geld? Die Antwort: Möglicherweise noch länger. Und bei Familien ist die Insel sehr nachgefragt. Die könnten wieder Geld in die Kassen spülen.
Mit der Renovierung habe er weniger Betten, aber auch höhere Einnahmen pro Schlafplatz. Wenn man die Investitionen in den letzten Jahren berücksichtige, komme jetzt ungefähr derselbe Umsatz wie bei den Ferienlagern heraus, erklärt Kiewied.
Hof-Betreiber machen sich Gedanken über Zukunft
Irene Metz-Beijaard betreibt die Gruppenunterkunft "Zonnebloem".
Gedanken über die Zukunft des Hofes macht sich auch Irene Metz-Beijaard vom Hof Zonnebloem. „Wir haben unsere Kinder gefragt, ob jemand von ihnen den Hof übernehmen möchte, wenn wir es nicht mehr schaffen.“ Ein Sohn habe Interesse bekundet. „Natürlich haben wir auch darüber gesprochen, ob zukünftig Appartements sinnvoller sind.“
Doch über viele Jahre habe man Freundschaften geschlossen und ein sehr gutes Verhältnis zu den Schulklassen, Ferien- und Familienfreizeiten aufgebaut. Zudem sei ein Umbau teuer und die Nachfrage nach großen Lagern sehr hoch. Man müsse auch bedenken: „Die Lager sind wichtig. Die Kinder, die jedes Jahr kommen, werden möglichweise später auch mit ihren Kindern hier Urlaub machen.“
Preise auf Ameland steigen
Von allem ein bisschen müsse man auf der Insel haben, nur müsse man bedenken, dass mit den großen Hotels auch die Preise generell auf der Insel steigen, so Metz-Beijaard.
Ein Blick auf die Insel-Politik: Wellness-Hotelgast, Freizeitkind, Familie: Welcher Tourist bringt mehr Geld auf die Insel? Auf diese Diskussion möchte sich der Stadtrat für Tourismus der Gemeinde Ameland, Theo Faber, nicht einlassen. „Hier sind alle willkommen.“ Nur darf die Insel nicht zu voll werden. Aber er sagt auch: „Wir leben auf einem freien Markt.“ Jeder könne im Rahmen der Gesetze selbst entscheiden, wie er seine Immobilien vermarkte - auch an Investoren.
Sieht die touristische Entwicklung auf der Insel gelassen: Stadtrat Theo Faber.
Was planen die Investoren?
Ein Investor aus Groningen hat das Gebäude und Gelände der „Swinging Mill“, ein bei Betreuern beliebter Club im Hauptdorf Nes zuletzt gekauft, geht aus öffentlich einsehbaren Unterlagen der Gemeinde Ameland hervor. Ein weiterer Investor plant ein großes Wellness-Resort auf der Insel. Zu ihren Motiven und konkreten Plänen haben sich beide Investoren auf Anfrage von Kirche-und-Leben.de nicht geäußert.
Wie wird die Lieblingsinsel der Ferienfreizeiten im Bistum Münster in zehn Jahren aussehen? Die Lager werden wahrscheinlich weniger, meint Lagerbetreiberin Metz-Beijaard. Möglicherweise könnten sich ihre Gäste die Insel aber auch bald schlichtweg nicht mehr leisten. Zudem müsse man auf den Schwund der Betreuer und Lagerleiter bei den Freizeiten blicken. Appartement-Betreiber Leo Kiewied sieht gelassener in die Zukunft. „Ich glaube nicht, dass noch mehr Lager in Appartements umgebaut werden.“
Besorgter Blick nach Deutschland
Nach dem Willen eines Investors soll auf dem Gelände des maroden Schwimmbades ein Wellness-Ressort entstehen.
Bislang finden noch alle Freizeiten, deren Lager geschlossen wurden, ein neues Lager auf der Insel. Das bestätigen mehrere Freizeiten aus dem Bistum Münster. Eine Insulanerin wirft aber besorgt einen Blick auf eine deutsche, wohlhabende Insel. „Das könnte uns auch treffen.“ Ameland – noch ist es kein holländisches Sylt.