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Norbert Köster ist seit wenigen Wochen der erste LSBTIQ*-Ansprechpartner des Bistums Münster. Er ist Professor für Kirchengeschichte und ihre Didaktik an der Katholisch-Theologischen Fakultät und war von 2016 bis 2018 Generalvikar des Bistums Münster. Was ihn für seine neue Aufgabe qualifiziert und warum sie ihm wichtig ist, erläutert er im Interview.
Herr Köster, Sie sind neuerdings LSBTIQ*-Ansprechpartner des Bistums Münster. Was ist Ihre Aufgabe?
Vor allem ist es mir wichtig klarzustellen, dass die Verantwortliche in diesem Themenbereich Iris Horstmann ist, die Diversitäts-Beauftragte des Bistums. Sie ist an die Hauptabteilung Seelsorge im Bischöflichen Generalvikariat angegliedert und mit ganzem Herzen in diesem Bereich als Seelsorgerin engagiert. Wir sind schon lange gut befreundet, und so schlug sie vor, seitens des Bistums bewusst auch einen Priester mit in diese Aufgabe hineinzunehmen.
Warum ist das wichtig?
Zum einen geht es sicherlich um die Vernetzung, die ich als Priester, aber auch durch meine vorherigen Tätigkeiten mitbringe. Das kann dieser Aufgabe nur guttun. Darüber hinaus zeigt es, dass dieses Anliegen Bischof Felix Genn wichtig ist – nicht zuletzt als Signal auch an die Seelsorgenden, dass sich etwas tut.
Was qualifiziert Sie für diesen Posten?
Mich qualifiziert nicht, dass ich selber betroffen wäre, aber in meinem Umfeld gibt es viele Menschen, die lesbisch oder schwul sind. Auch in der Queergemeinde in Münster engagiere ich mich seit vielen Jahren als Zelebrant in den Gottesdiensten. Und natürlich erlebe ich queere Menschen in den Gemeinden, in denen ich als Seelsorger tätig bin, und als kirchliche Mitarbeitende in der Seelsorge oder beispielsweise an unseren Schulen. Darüber hinaus arbeite ich in der Arbeitsgemeinschaft Gender-Forschung unserer Fakultät mit, sodass ich auch eine wissenschaftliche Expertise mitbringe.
Warum haben Sie diese Aufgabe übernommen?
Weil es mir ein wirklich wichtiges Anliegen ist, dass queere Menschen einen ganz selbstverständlichen Ort in der Kirche haben. Das gilt nicht zuletzt für die Mitarbeitenden in unserem Bistum: Mich interessiert nicht, wie jemand privat lebt, sondern wie jemand persönlich mit der Kirche lebt. Ich habe vielfältig erfahren, wie schwer sich auch Verantwortliche bei uns damit tun. Es gibt auch Widerstände – und also weiterhin etwas zu tun.
Nach den diesjährigen Initiativen #liebegewinnt und #OutInChurch, vielen Regenbogenflaggen an katholischen Kirchen, Reformforderungen einerseits und noch wenigen konkreten Umsetzungen andererseits könnte die Einrichtung dieses Postens auch als „pinkwashing“, also ein gewisses Reinwaschen der katholischen Kirche ohne eine konkrete Aufarbeitung auch ihrer Schuldgeschichte gegenüber queeren Personen verstanden werden. Was sagen Sie als Historiker dazu?
Die Geschichte ist, wie sie ist und kann auch nicht durch Erkenntnis und verändertes Handeln einfach reingewaschen werden. Trotzdem glaube ich ehrlich, dass es ein ernstes Anliegen auch bei den Verantwortlichen in unserem Bistum gibt, queeren Menschen einen Raum zu geben. Es geht hier nicht um Vergangenheitsbewältigung oder -klärung, sondern um Veränderung.
Aber gehört zur Veränderung nicht auch, sich dieser Vergangenheit zu stellen?
Ja, natürlich. Aber das ist ein sehr komplexes Feld und zudem typisch katholisch: Offiziell gab es das alles ja nicht, schon gar nicht in römischer Perspektive. Auch da ist zweifellos viel zu tun.