„Heimat ist da, wo ich willkommen bin“

Obaida Idrees: So funktioniert Integration beim Kochtreff

  • Obaida Idrees war seit 2013 auf der Flucht.
  • In Ibbenbüren kommt er 2016 beim SkF mit Menschen in Kontakt.
  • 2020 studiert er Medieninformatik in Osnabrück.

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Die Bilder aus Moria hat er auf seinem Handy gesehen: „Es ist traurig. Einfach nur traurig“, sagt Obaida Idrees. Seine Hoffnung: „Deutschland nimmt Flüchtlinge auf.“ So wie den 26-jährige Syrer. Er lebt seit 2016 in Ibbenbüren. Seine dreijährige Odysee war nicht einfach. Er weiß, er hat Glück gehabt.

Ein Rückblick: Im Übergangsheim für Geflüchtete ist es stressig, denn dort ist es oft sehr laut. Menschen, die aus ihrer alten Heimat an diesen neuen Ort geflohen sind, verständigen sich über die Flure. Mittendrin Obaida Idrees. Da er türkisch sprechen kann, hilft der Syrer als Übersetzter aus. In der Küche im Erdgeschoss des Asylwohnheims fühlt er sich allerdings am wohlsten, denn er kocht gerne und bereitet sich Mahlzeiten frisch zu. Sozialarbeiter vermitteln Obaida Idrees daraufhin den Kontakt zu einem „Kochtreff“, unverbindlich, erstmal alle zwei Wochen.

 

Kochprojekt, um Vorurteile abzubauen

 

Die Idee dahinter: Was kann man gut unternehmen, wenn man sich gar nicht kennt, aber miteinander ins Gespräch kommen möchte? Man geht essen. Oder aber man kocht zusammen.

Obaida Idrees studiert ab Oktober Medieninformatik an der Hochschule Osnabrück.
Obaida Idrees studiert ab Oktober Medieninformatik an der Hochschule Osnabrück. | Foto: privat

Im Zuge der Anreise vieler Geflüchteter 2015 auch in der Region entstand „Meet & eat - welcome to ibb“ in Trägerschaft des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) in Ibbenbüren. Das Kochprojekt sollte Vorurteile abbauen, ein lockerer Austausch sein und praktische Lebenshilfe bieten über Ratschläge für Behördengänge, das Ausfüllen von Formularen, oder schlicht Einkaufen für das nächste Kochevent.

 

„Syrische und deutsche Küche gehen sehr gut zusammen“

 

Aus den ersten Treffen wurde schnell ein langfristiger Kontakt zwischen Geflüchteten und ehrenamtlichen Mitarbeitern des Skf. „Das war so mein erster Kontakt mit deutscher Kultur“, sagt Obaida Idrees. 15 bis 20 Personen treffen sich seit 2016 regelmäßig in der „Suppenküche“ des SkF.

„Syrische und deutsche Küche gehen sehr gut zusammen“ so die Rückmeldung der Hobbyköche. Für Obaida war der deutsche Kartoffelsalat eine völlig neue Erfahrung: „Und das Brot. Hier gibt es ja bestimmt hundert Sorten“, sagt er.

 

„Ich wollte einfach keine Menschen töten“

 

Das syrische Essen wiederum bedeutet auch Heimat für ihn: „Das erinnert mich daran, wo ich geboren wurde, und wo ich aufgewachsen bin“, sagt er.

Mit 17 hätte er nach seinem Schulabschluss zur Armee gemusst. Der Krieg war keine Option für ihn: „Ich wollte einfach keine Menschen töten.“ Drei Jahre zog sich seine Flucht aus Damaskus über Jordanien, in die Türkei bis zu seiner Ankunft 2016 in Ibbenbüren. Sein Plan stand fest: „Ich will hier leben.“ Nach Deutsch- und Integrationskursen schloss er eine Ausbildung zum Verkäufer ab. Danach folgte die Anerkennung seines syrischen Abiturs beim Comenius-Weiterbildungskolleg in Mettingen.

 

„Heimat ist da, wo ich willkommen bin“

 

Die Hilfe, die er erfahren hat, möchte er gerne zurückgeben. Seit 2018 ist er Sprachmittler in einem ehrenamtlichen Team unterschiedlicher Muttersprachler beim Kreis Steinfurt: „Ich komme, wenn in Kindergärten und Schulen vom Syrischen oder Türkischen ins Deutsche übersetzt werden muss.“ Und jetzt will er sein Studium in Medieninformatik in Osnabrück angehen.

„Heimat ist da, wo ich willkommen bin“, findet er. Er freut sich, dass er für viele Hochschulen Zulassungen bekommen hat: „Ich hätte auch in Münster anfangen können.“ Dort leben seit 2020 seine Eltern: „Sieben Jahre habe ich sie nicht gesehen.“ Sie kamen über das „Resettlement“-Programm der UNO nach Deutschland. Besonders schutzbedürftige Flüchtlinge werden dabei aus ihrem Erstaufnahmeland in ein sicheres Land gebracht, das sich bereit erklärt hat, sie aufzunehmen.

 

Aufenthaltsgenehmigung bis 2022 - und dann?

 

Wie es für Obaida weitergeht? Im Hintergrund lebt er mit der Unsicherheit, ob er dauerhaft in Deutschland bleiben darf. Er arbeitet neben dem Studium in seinem Ausbildungsbetrieb. Bis 2022 wurde Idrees Aufenthaltsgenehmigung verlängert: „Bis dahin brauche ich keine Angst zu haben.“

Das Projekt „meet & eat welcome to ibb“ ist ein Projekt der Freiwilligenbörse Kiste im SkF e.V. Ibbenbüren. Wer mitmachen möchte oder Fragen zu weiteren ehrenamtlichen Tätigkeiten hat, kann sich gerne unter Tel. 05451-9686-13 oder per Mail an reibold(at)skf-ibbenbueren.de melden.

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