Anzeige
Weite Wege durch das Moor haben diesem Ort seinen Namen eingebracht: Amerika. Die Bauerschaft bei Garrel ist inzwischen bei Radfahrern und Touristen im Kreis Cloppenburg bekannt und beliebt.
Weite Wege durch das Moor haben diesem Ort seinen Namen eingebracht: Amerika. Die Bauerschaft bei Garrel ist inzwischen bei Radfahrern und Touristen im Kreis Cloppenburg bekannt und beliebt.
Die junge Familie mit dem Kleinkind auf dem Arm kommt aus der Nähe von Stuttgart und macht Urlaub in einer Ferienwohnung an der Thülsfelder Talsperre. Sie sind zum Einkaufen nach Garrel gekommen – aber den Abstecher nach Amerika, den wollen sie doch auch noch machen.
Inge Schierloh und Helmut Krüger kommen aus Lüneburg. Sie wollen Verwandte in Löningen und Cloppenburg besuchen – aber den Abstecher nach Amerika, den wollen auch sie noch machen.
Pilger ziehen durch Amerika
Hubert Looschen ist Ständiger Diakon in St. Johannes Garrel. Wenn er die Fahrradwallfahrten der Gemeinde in den Wallfahrtsort Bethen organisiert, fährt er mit oft 300 Pilgern immer quer durch Amerika. „Das war schon immer unser Pilgerweg zur Schmerzensmutter“, sagt er.
Alwin gr. Hillmann kennt das. Eine Viertelstunde steht er an diesem Morgen im Zentrum von Amerika – und schon fünf fremde Besucher sind ihm begegnet. Der 85-jährige Landwirt wohnt direkt im Zentrum, auf dem Betrieb mit Schweine- und Bullenmast, den sein Sohn jetzt führt. Für den Heimatverein Garrel sorgt er dafür, dass dieses Zentrum sauber und ordentlich bleibt. Für die vielen Besucher.
Prärie wie in Kansas oder Großstadtgewimmel wie in Chicago?
Dabei ist Amerika beileibe kein wirklich aufregender Ort. Eine Straßengabelung, fünf Kilometer vom Garrel entfernt. Der Blick geht weit über Felder und Landstraßen, über Eichen am Straßenrand.
Aber es ist nun doch keine einsame Prärie wie vielleicht in Kansas. Und natürlich auch kein tosendes Großstadtgewimmel wie vielleicht zwischen den Hochhäusern in Chicago. Eher wie Südoldenburg eben.
Abfahrt 19 in Großenkneten
Denn dieser Weg nach Amerika führt über die Autobahn A 29 und die Abfahrt 19 Großenkneten in den Ortskern von Garrel. Dann ist der Weg nach Amerika ausgeschildert, zumindest für Radfahrer.
Denn das ist das Besondere an Amerika: Man kann es auch mit dem Fahrrad erreichen, einfach ohne Flugzeug und Schiff. Über eine gerade, trockene, ebene Straße. Ganz bequem.
Das aber war nicht immer so. Und hat der Bauerschaft Amerika bei Garrel auch ihren Namen gebracht. Jedenfalls berichtet das der Heimatverein, der von „Volksmund“ spricht.
Amerika liegt im Moor
Amerika lag um 1870 nämlich auf einer Anhöhe zwischen Mooren. Und das machte für die ersten Siedler den Weg zur neuen Kirche St. Peter und Paul in Garrel beschwerlich.
Denn der Weg war nicht gerade: Das Moor zwang zu langen Umwegen. Und der Weg war nicht eben: Pferdewagen kamen bei schlechtem Wetter kaum die Sandwege zum Hügel hoch.
Der normale Kirchweg – „als ob man nach Amerika geht.“ Das wurde deshalb ein geflügeltes Wort im Ort.
Jetzt auch amtlich
Die Zeiten sind lange vorbei, von Moor ist nichts mehr zu sehen, schmucke Höfe und Häuser sind heute Amerika. „17 Haushalte mit 45 Einwohnern“, zählt Alwin gr. Hillmann auf. Und der Name der Bauerschaft hat es vom Volksmund bis auf amtliche Karten geschafft. Und zu einem beliebten Treffpunkt: wo Radfahrer gerne Halt machen und viele Brautpaare sich fotografieren lassen wollen.
Alwin gr. Hillmann hat mit dem Heimatverein über die Jahre dafür gesorgt, dass an der Weggabelung eine Hütte und Bänke zum Rasten stehen, dass ein Fahnenmast errichtet wurde. Bei „wichtigen Gästen“ hisst Alwin gr. Hillmann dort das Sternenbanner. Er holt es aber auch bald wieder ein. Denn solche Andenken aus Amerika sind beliebt.
Beliebte Andenken
Die kommunale Straßenverwaltung hatte zum Beispiel kurz vor und hinter Amerika grüne Straßenschilder „Amerika“ aufgestellt. Nachdem die immer wieder verschwunden sind, hat sie es aufgegeben.
Geblieben ist der so genannte Amerika-Stein unter dem Fahnenmast. Ein Findling, den Alwin gr. Hillmann beim Pflügen auf seinem Acker fand. Er brachte ihn ins Zentrum; der Heimatverein sorgte für die Beschriftung. „Den kriegt man jedenfalls nicht so leicht weg“, sagt er zufrieden.
Amerika war gegen Trump
Amerika ist nicht nur in der näheren Umgebung bekannt. Vor der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten 2016 kam sogar einmal ein Fernsehteam nach Amerika. Da wurde gefilmt, es gab aber auch eine Umfrage zur Wahl. Ergebnis: 72 Prozent in Garrels Amerika waren für Trumps Gegenkandidatin Hillary Clinton.
Alwin gr. Hillmann war übrigens noch nie im wirklichen Amerika. Er schüttelt den Kopf: Wann habe ein Landwirt mit Arbeit von früh bis spät denn Zeit für solche Fernreisen? Ihm genügt es, in Amerika zu wohnen.