Verweis auf Inflation und Tariferhöhungen

Freie Träger in NRW fürchten Kita-Schließungen und Insolvenzen

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Inflation, gestiegene Kosten, vereinbarte Tariferhöhungen: Die Kita-Träger in NRW rufen nach mehr Geld vom Land. Komme das nicht, müssten Angebote gekürzt werden – oder mehr noch.

Träger von Kindertageseinrichtungen in Nordrhein-Westfalen schlagen Alarm: Angesichts steigender Sach- und Personalkosten fordern Wohlfahrtsverbände, das Land müsse die Kita-Refinanzierung anpassen. In Briefen an Landespolitiker ist von Schließungen und Insolvenzen die Rede.

Die Kita-Träger verweisen auf Sachkosten, die inflationsbedingt deutlich gestiegen seien und den Angaben zufolge weiter steigen, sowie auf vereinbarte Tariferhöhungen für Beschäftigte. Ohne finanzielle Hilfen vom Land seien viele Träger „in ihrer Existenz gefährdet“, schreibt etwa Rainer Borsch, Vorstand der Caritas Kleve.

Wohlfahrtsverbände: Land erkennt Realität nicht an

In einer gemeinsamen Mitteilung von Gewerkschaften und der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege NRW, zu der auch die Caritas gehört, heißt es, die Landesregierung weigere sich, „Realitäten anzuerkennen“ und lasse „viele Träger mit ihrer Existenznot allein“. Folge sei, dass „Betreuungsangebote vor Ort verringert oder ganz eingestellt“ würden, um Insolvenzen zu vermeiden.

„Die Einrichtungen und die Menschen, die auf sie angewiesen sind, wissen nicht, wie es weitergehen soll“, sagt Christian Woltering vom Paritätischen Wohlfahrtsverband, derzeit Vorsitzender der Freien Wohlfahrtspflege NRW. Akut gehe es darum, „Schließungen zu verhindern und es Trägern zu ermöglichen, ihre Mitarbeitenden angemessen zu entlohnen“. Werde die Finanzierung nicht angepasst, stünden viele Träger vor einem massiven Defizit.

Wie der Kita-Betrieb finanziert wird

Anja Weber, Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds in NRW, sagt, mit dem Tarifabschluss im öffentlichen Dienst sei es gelungen, Sozial- und Erziehungsberufe aufzuwerten: „Damit die Träger den Tarifabschluss übernehmen können, braucht es finanzielle Unterstützung durch das Land.“

Der laufende Kita-Betrieb wird im Wesentlichen über Kindpauschalen finanziert, die in NRW der Jugendhilfeträger – zum Beispiel die Kreisjugendämter – dem Kita-Träger überweist. Die Pauschalen setzen sich vor allem aus Landesmitteln und den Elternbeiträgen zusammen. Hinzu kommt ein Trägeranteil. Unter den freien Trägern zahlen kirchliche mit 10,3 Prozent den höchsten Anteil.

Stadt Münster kürzt Betreuungszeiten

Die Stadtverwaltung Münster plant derweil als Reaktion auf den Fachkräftemangel, „Kernbetreuungszeiten“ in Kitas anzupassen. In einem dreijährigen Projekt in städtischen Einrichtungen sollen ab dem Kita-Jahr 2024/25 freiwerdende 45-Stunden-Betreuungsplätze in 35-Stunden-Plätze umgewandelt werden.

Das solle dauerhaft Ausfallzeiten verringern und das Personal entlasten. Längere Betreuungszeiten blieben laut Angaben im Ausnahmefall möglich.

KFD kritisiert Kita-Pläne in Münster

Die Katholische Frauengemeinschaft (KFD) im Bistum Münster kritisiert das Vorhaben. Eine Stundenreduzierung sei keine Antwort auf den Fachkräftemangel, sondern „verschiebt nur das Problem“, sagt die stellvertretende KFD-Diözesanvorsitzende Reinhilde Riesenbeck nach Verbandsangaben.

Ohne ausreichende Kinderbetreuung würden die Belastungen der Sorgearbeit – insbesondere für Mütter – steigen. Das werde besonders deutlich, wenn andernorts benötigte Fachkräfte – Riesenbeck nennt etwa die Pflege – „ihre Arbeitszeiten kürzen müssen, weil die eigenen Kinder nicht ausreichend betreut werden“. Die für viele Familien notwendige Randzeitenbetreuung müsse im Fokus bleiben.

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