Nicole Stockhoff vom Bistum Münster fordert Profilschärfung bei Trauerriten

Liturgie-Expertin: Katholiken sollen über eigene Beerdigung nachdenken

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Bis vor wenigen Jahren haben die Kirchen noch das Monopol bei der Begleitung von Sterbenden und Trauernden gehabt, meint Nicole Stockhoff, Leiterin der Fachstelle Gottesdienst beim Bistum Münster. „Mittlerweile ist auf diesem Gebiet eine großer ‚Wettbewerb‘ entstanden. Hier gilt es in den nächsten Jahren eine christliche Profilschärfung zu erzielen“, hielt Stockhoff beim ersten Studientag des Bistums Münster für Haupt- und Ehrenamtliche im Beerdigungsdienst fest. „Kirche-und-Leben.de“ hat nachgefragt, wie diese Profilschärfung aussehen soll.

Können Sie den Wettbewerb auf dem Gebiet der Trauerbegleitung näher beschreiben?

Bis vor wenigen Jahren hatten die Kirchen noch das Monopol bei der Begleitung von Sterbenden und Angehörigen. Mittlerweile ist das Gebiet vielfältiger und differenzierter geworden. So ist der Bestatter häufig der erste Ansprechpartner. Über ihn erfolgt dann nicht selten die Nachricht an das Pfarrbüro. Ebenso bieten weltliche Trauerredner sich an und kreieren eigene Bestattungsriten. Diese Vielschichtigkeit lässt das Agieren in diesem Feld zu einer großen verantwortungsvollen Aufgabe für alle Träger, also auch für die Kirchen, werden.

Wo birgt der Wettbewerb vielleicht Gefahren, wo Chancen für Sterbende und Trauernde Menschen?

Von einer Gefahr würde ich nicht sprechen. Die Trauerpastoral hat sich in den letzten Jahren fundamental verändert. Die Feier des Begräbnisses gehört zu den besonderen seelsorgerlichen Aufgaben der Kirche. Die Gemeinde als Ganze ist aufgerufen, sich um Kranke und Sterbende zu sorgen, an der liturgischen Feier des Begräbnisses teilzunehmen und die Trauernden zu begleiten. Diese seelsorgliche Aufgabe gilt es immer wieder zu reflektieren und dieses diakonische Tun als Liebesdienst in der Gemeinde zu optimieren.

Sie wünschen sich eine Profilschärfung in der christlichen Trauerbegleitung und dem christlichen Beerdigungsdienst. Ist das bisherige Profil zu schwach?

Dr. Nicole Stockhoff.
Nicole Stockhoff ist Leiterin der Fachstelle Gottesdienst und des Referats Liturgie im Bischöflichen Generalvikariat des Bistums Münster.

Die Weise, wie wir Christen bestatten, steht in der geschichtlich gewachsenen Tradition, die auch heute noch unsere Form mitprägt. Dennoch ist die christliche Begräbnisliturgie flexibel genug, um unterschiedliche Lebens- und Sterbesituationen gerecht zu werden, indem wir unsere Zeichen und Symbole bewusst einsetzen. Deshalb scheint es mir umso wichtiger, dass wir die Chance des Begräbnisrituals nutzen und im Rahmen des Rituals überzeugend und verständlich von unserem Glauben sprechen und die Trauernden ein Stück auf ihrem Weg begleiten.

Dennoch sollten wir darüber hinaus auch immer wieder konkret in der Pfarrgemeinde über diese Liturgieform sprechen, sodass sich das eine oder andere Gemeindemitglied motiviert fühlt, über seine eigene Beerdigung nachzudenken, diese Liturgie sogar selbst oder mit der Familie und Freunden vorbereitet oder sich ermutigt fühlt einfache Rituale, wie zum Beispiel das Schließen von Mund und Augen des verstorbenen Menschen oder das Totengebet mit den Angehörigen zu vollziehen.

Wie könnte ein verschärftes Profil konkret aussehen und wie möchten Sie die Schärfung erreichen?

Mit der Qualifizierung von Ehrenamtlichen ist ein Personenkreis in der Begräbnisleitung dazugekommen. Der Studientag war ein Auftakt Austausch, Vernetzung, Reflexion der Akteure im Begräbnisdienst zu fördern und zum anderen das Profil einer christlichen Bestattung im Bistum deutlich zu machen.

Aber auch die Friedhofskultur ist im Wandel. Auch hier lässt sich fragen, welche Bestattungsformen von den Kirchen noch mitgetragen werden können und wo sich möglicherweise Grenzen auftun, weil Formen mit unserem Glauben an die Auferstehung schwer kompatibel sind. Anfragen gibt es zum Beispiel bei Bestattungsformen, die eine pantheistische oder naturreligiöse Deutung nahelegen. Aber auch beim reinen Ausstreuen der Asche in der Luft oder bei der bloßen Aufbewahrung der Asche des Verstorbenen – sie also nicht zu bestatten – , lässt sich fragen, ob diese Formen mit der Überzeugung von der Unverfügbarkeit der menschlichen Person über den Tod hinaus einher gehen.

Eine Profilierung zeigt sich auch immer in der Benennung von klaren Kriterien, denn – davon bin ich überzeugt – die Begräbniskultur ist ein Erkenntnisort für das Menschenbild einer Gesellschaft.

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