Gemeinde St. Marien: „Notwendige Reaktion“

Nach Missbrauchsstudie: Schillig nennt „Bischof-Reinhard-Haus“ um

  • Das Pfarrheim neben der St.-Marien-Kirche in Schillig wird künftig nicht mehr „Bischof-Reinhard-Haus“ heißen.
  • Die Gemeinde reagiert damit auf das Missbrauchsgutachten über das Bistum Münster.
  • Der Vorsitzende des Gemeindeausschusses hatte den Anstoß zu dem Schritt gegeben.

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Das Begegnungszentrum neben der St.-Marien-Kirche in Schillig wird umbenannt. Künftig wird es nicht mehr „Bischof-Reinhard-Haus“, sondern nur noch „Gemeindehaus“ heißen. Das hat die Gemeinde jetzt mitgeteilt. Der Schritt sei eine „notwendige Reaktion auf die Missbrauchsstudie des Bistums“.

Nach einer außerordentlichen Sitzung in der vergangenen Woche hatte der Gemeindeausschuss dem Kuratorium des Kirchenfonds St. Marien die Namensänderung empfohlen. Dem hat das für solche Entscheidungen zuständige Gremium umgehend entsprochen. Der Beschluss soll zügig umgesetzt werden. Bereits in der kommenden Woche will Pfarrer Lars Bratke mit Handwerkern die Demontage des Namens-Schriftzuges am Gebäude planen.

Umbenennung war schon vor drei Jahren Thema

Lars Bratke ist Pfarrer der St.-Marien-Gemeinde. | Foto: Michael Rottmann
Lars Bratke ist Pfarrer der St.-Marien-Gemeinde. | Foto: Michael Rottmann

Schon vor drei Jahren hatte die Gemeinde im Zentrum der katholischen Urlauberseelsorge im Wangerland über eine mögliche Umbenennung des Gebäudes diskutiert. Kurz zuvor waren Vorwürfe gegen den 2013 verstorbenen Bischof von Münster wegen seines Umgangs mit Missbrauchstätern öffentlich geworden. Bereits 2019 hatte seine Heimatpfarrei in Datteln entschlossen, ihr Pfarrheim „Reinhard-Lettmann-Haus“ entsprechend umzubenennen.

Die Verantwortlichen in Schillig wollten damals jedoch zunächst abwarten. „Wir haben entschieden: Sollte sich jemand aus der Urlauber- oder der Ortsgemeinde auf dieses Thema hin melden, dann fangen wir an, neu darüber zu sprechen“, so Pfarrer Lars Bratke. Jetzt, drei Jahre später, kurz nach der Veröffentlichung der Missbrauchsstudie für das Bistum Münster, ist genau das passiert.

Anstoß kam vom Vorsitzenden des Gemeindeausschusses

Theodor Söbbeke ist Vorsitzender des Gemeindeausschusses der St.-Marien-Gemeinde. Er hat die Diskussion über den Namen des Gebäudes angestoßen. | Foto: Michael Rottmann
Theodor Söbbeke ist Vorsitzender des Gemeindeausschusses der St.-Marien-Gemeinde. Er hat die Diskussion über den Namen des Gebäudes angestoßen. | Foto: Michael Rottmann

Der Anstoß kam von Theodor Söbbeke. Er ist Vorsitzender des Gemeindeausschusses von Schillig und tief bewegt von den Geschehnissen. Als gebürtigen Münsteraner hätten ihn die Veröffentlichungen der Missbrauchsstudie besonders getroffen, erklärte er gegenüber „Kirche-und-Leben.de“: „Ich habe alle drei Bischöfe persönlich erlebt. Ich war als Kind Messdiener in der Lambertikirche.“ Auch deshalb seien die Geschehnisse für ihn „unfassbar“.

Theodor Söbbeke: „Wir können den Namen nicht bestehen lassen. Man will ja etwas damit ausdrücken. Und nach all den Dingen, die jetzt ans Tageslicht gekommen sind, kann man ihn nicht mehr als Aushängeschild nehmen. Deshalb muss er geändert werden.“

Nächste Woche kommen die Handwerker

Das künftige „Gemeindehaus“ (links) neben der „Kirche am Meer“ in Schillig. | Foto: Michael Rottmann
Das künftige „Gemeindehaus“ (links) neben der „Kirche am Meer“ in Schillig. | Foto: Michael Rottmann

Dieser Bewertung haben sich jetzt auch die Gremien der Gemeinde angeschlossen. Allen Beteiligten, die für den Beschluss votiert haben, sei dabei bewusst, dass mit der Streichung des Namens eines einzelnen Bischofs nichts wiedergutgemacht werden könne, was in der Vergangenheit unsäglich vielen Menschen Leid zugefügt habe, heißt es in der Mitteilung der Gemeinde. Es gehe vielmehr darum, „der Kirche vor Ort ein offenes Gesicht zu geben, das zum einen Betroffenheit bekundet, zum anderen aber auch deutlich macht, dass sie sich von einem System distanziert, das einem Missbrauch dieser Größenordnung Vorschub geleistet hat“.

Pfarrer Bratke will in der kommenden Woche mit einem Handwerker über die Kosten für einen neuen Schriftzug an der Wand des Gebäudes sprechen. „Zum Beispiel, ob es möglich ist, dass wir Buchstaben aus dem alten Namen nutzen können.“ Falls das nicht gehe – „dann steht dort erst mal gar nichts mehr. Aber es muss jetzt einfach passieren.“

Das künftige Gemeindehaus
Das künftige Gemeindehaus in Schillig wurde 2002 fertig gestellt und ist ein Treffpunkt für die hier lebenden Katholiken und die Urlauber, die in jedem Jahr kommen. Der Bau verfügt über einen großen Saal, eine Küche und ist durch die Glaskonstruktion zum Deich und zur Kirche hin transparent und lichtdurchflutet. Durch die große Glastür an der Ostseite wird die Deichwiese mit einbezogen. Im Sommer verteilen sich die Besucher im Haus und auf der Wiese, die gleichzeitig für viele Veranstaltungen genutzt wird. Hier finden regelmäßig Teerunden, Vorträge, Bibelwochen, Filmvorführungen, Gemeindeabende, Katechesen zur Erstkommunion und Firmung statt.

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