Viel Erleichterung – Queere Katholiken sehen aber nur „Teilerfolg“

Neues Kirchen-Arbeitsrecht als „überfällig“ und „Revolution“ gelobt

  • Das neue katholische Arbeitsrecht wird überwiegend mit Zustimmung und Erleichterung aufgenommen.
  • Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa rief alle Bischöfe zur Umsetzung auf, damit es ein bundeseinheitliches Arbeitsrecht gebe.
  • Der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer sagte, einige Formulierungen seien für die katholische Kirche „eine Revolution“.

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Das neue katholische Arbeitsrecht wird überwiegend mit Zustimmung und Erleichterung aufgenommen. Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, bezeichnete die Reform als „überfälligen Schritt“: „Ich sehe vor allem, dass es pragmatisch möglich ist, Menschen das Leben zu erleichtern. Das ist gut so. Was daraus in der Lehre folgt, steht auf einem anderen Blatt.“

Wer bei der katholischen Kirche arbeitet und in zweiter Ehe oder in einer homosexuellen Partnerschaft lebt, muss künftig nicht mehr mit einer Kündigung rechnen. Die katholischen Bischöfe hatten sich zuvor auf den Entwurf eines neuen Arbeitsrechts für die rund 800.000 Mitarbeitenden in der katholischen Kirche und bei der Caritas in Deutschland geeinigt.

Caritas fordert bundesweit einheitliche Umsetzung

Die Präsidentin des Deutschen Caritasverbands, Eva Maria Welskop-Deffaa, sprach von einem „Paradigmenwechsel“. Entscheidend sei nun, dass die neue Ordnung so schnell wie möglich in allen Bistümern in Kraft gesetzt werde, damit es in ganz Deutschland ein einheitliches Arbeitsrecht gebe. Sie erinnerte aber auch daran, dass sich viele Caritas-Verantwortliche zusätzlich einen offeneren Umgang mit Fragen des Kirchenaustritts gewünscht hätten.

Die religionspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Sandra Bubendorfer-Licht, sieht in der Reform ein „wichtiges und dringend notwendiges Signal“. Viele Menschen im kirchlichen Dienst hätten unter der „veralteten und diskriminierenden“ Grundordnung gelitten.

Weihbischof Theising: Vielfalt in der Kirche ist Bereicherung

Die religionspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Lamya Kaddor, begrüßte einen "wichtigen Schritt hin zu einem inklusiven, fairen und zeitemäßen Arbeitsrecht". Sie mahnte aber auch weitere Schritte der Gleichstellung von trans- und intergeschlechtlichen Mitarbeitenden an.

Bischof Felix Genn kündigte an, das neue Arbeitsrecht im gesamten Bistum Münster „baldmöglichst“ in Kraft zu setzen. Weihbischof Wilfried Theising, Offizial im niedersächsischen Bistumsteil, erklärte, mit dem neuen Arbeitsrecht hätten „die Debatten auf dem Synodalen Weg und die Gespräche in der Bischofskonferenz ein gutes und greifbares Ergebnis gebracht“. Vielfalt in kirchlichen Einrichtungen sei eine Bereicherung, so Theising nach Angaben seiner Pressestelle.

Essener Generalvikar Pfeffer: Revolution für die Kirche

Der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer bezeichnete die Neuregelung als „großen Fortschritt“. Dass ein kirchenamtliches Papier Vielfalt als Bereicherung bezeichne, „mag in aufgeklärten Ohren selbstverständlich klingen – für die römisch-katholische Kirche ist das eine Revolution“. Er würdigte insbesondere Reformkräfte wie die Initiative #OutInChurch, die die Veränderung vorangetrieben hätten.

Die Initiative selbst, die queere Mitarbeitende und Mitglieder der katholischen Kirche vereint, sprach hingegen nur von einem „Teilerfolg“. Die Grundordnung orientiere sich „weiter an einem binären Geschlechtermodell, wonach es nur Frauen und Männer gibt“, kritisierte Mitinitiator Jens Ehebrecht-Zumsande im Interview mit „Kirche-und-Leben.de“. Auch sei unklar, was unter kirchenfeindlichem Verhalten" zu verstehen sei, was weiterhin als Kündigungsgrund gilt.

Alle NRW-Bistümer planen Umsetzung
Alle fünf katholischen Bistümer in Nordrhein-Westfalen planen, das neue kirchliche Arbeitsrecht in Kraft zu setzen. Am Mittwoch teilte auch das Erzbistum Köln auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur mit, Kardinal Rainer Maria Woelki wolle den Beschluss umsetzen. Zuvor hatte es geheißen, Köln wolle den Entwurf erst prüfen. Die Diözesen Münster, Aachen, Essen und Paderborn hatten sich bereits am Dienstag zustimmend geäußert.

Update 23. November: Kasten zu NRW aktualisiert.

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