Ethik-Experte Losinger: Kein strukturiertes Konzept zur Selbsttötung nötig, sondern soziale Hilfe

Weihbischof: Ein Suizid-Wunsch ist nicht freiheitlich, sondern Hilferuf

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Der Wunsch nach Suizid ist nach Ansicht des Ethik-Experten und Augsburger Weihbischofs Anton Losinger nicht freiheitlich. Die allermeisten vollendeten Suizide in Deutschland hätten keinen autonomen Rahmen, sondern geschähen laut Experten aus psychischer und sozialer Not heraus. Notwendig sei daher nicht ein "strukturiertes Konzept zur Selbsttötung, sondern soziale Hilfe".

Der Wunsch nach Suizid ist nach Ansicht des Ethik-Experten und Augsburger Weihbischofs Anton Losinger nicht freiheitlich. Die allermeisten der jährlich fast 10.000 vollendeten Suizide in Deutschland hätten keinen autonomen Rahmen, sondern geschähen laut Experten aus psychischer und sozialer Not heraus, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen der Deutschen Bischofskonferenz dem Kölner "Domradio". Notwendig sei daher nicht ein "strukturiertes Konzept zur Selbsttötung, sondern soziale Hilfe".

Wenn Regulative für eine Suizidhilfe aufgestellt würden, dann werde sich die Selbsttötung "zu einem Normalfall des Aus-dem-Leben-Scheidens entwickeln", warnte das Mitglied des Bayerischen Ethikrates. "Wenn man nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts einen frei verantwortlichen Suizid postuliert, ist es dringend notwendig, genau hinzuschauen, was die Menschen bewegt und was sie zu einer solchen Entscheidung treibt und wo eine Autonomie weniger gegeben ist als die Notwendigkeit zur Hilfe und zur Geborgenheit in einer Gesellschaft."

"Reifeprüfung" vor Sterbewunsch "eine Utopie"

Losinger hält eine Art "Sterbe-Reifeprüfung" nicht für möglich und für eine Utopie. Aufgrund von Alter oder psychischen Erkrankungen könne ein solches Evaluierungskonzept kaum funktionieren.

Gerade in Alter, Pflege und Krankheit sei eine glaubwürdige Palliativversorgung wichtig. "Und dort, wo Menschen in einem austherapierten Zustand sind, wäre das Hospiz eine glänzende Idee, alternativ zum Suizid sein Leben zu beenden", sagte der Geistliche.

Gesetzliche Regelung könnte im Herbst kommen

Das Bundesverfassungsgericht hatte Anfang 2020 das Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe gekippt und ein Grundrecht auf selbstbestimmtes Sterben formuliert - unabhängig von Alter oder Krankheit. Zugleich legten die Richter dem Gesetzgeber nahe, Missbrauch durch Schutzkonzepte zu verhindern.

Mitte Juni debattierte der Bundestag in Erster Lesung über drei Gesetzesentwürfe, die nun in den Fachausschüssen weiter beraten werden. Im Oktober könnte eine Entscheidung fallen.

Haben Sie Suizidgedanken? Hier gibt es Hilfe
Menschen mit Suizidgedanken können sich an die Telefonseelsorge wenden. Sie ist unter den Rufnummern 0800/111 0 111 und 0800/111 0 222 täglich rund um die Uhr erreichbar, berät kostenfrei und anonym. Der Anruf findet sich weder auf der Telefonrechnung noch in der Übersicht der Telefonverbindungen wieder. Es gibt auch eine E-Mail-Beratung. Sie läuft über die Internetseite der Telefonseelsorge und ist daher nicht in Ihren digitalen Postfächern zu finden. Hier geht es zur Telefonseelsorge.

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