Themenwoche „Inflationskrise – wie Gemeinden helfen“ (3) - Drensteinfurt

Wenn das Geld nicht reicht - springt die Gemeindecaritas ein

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Die Inflation hat ein Rekordniveau erreicht, Energie- und Lebensmittelpreise sind explodiert. An wen können sich Hilfesuchende wenden? In unserer Themenwoche „Inflationskrise – wie Gemeinden helfen“ stellen wir verschiedene kirchliche Angebote vor. Teil drei berichtet vom Caritaspunkt in Drensteinfurt (Kreis Warendorf).

Eigentlich beginnt die offene Sprechstunde beim Caritaspunkt Drensteinfurt dienstags erst um 17 Uhr für notleidende Menschen. Einer hat es an diesem Februar-Nachmittag indes besonders eilig und kommt schon etwas früher in die Alte Küsterei am Kirchplatz der katholischen Gemeinde St. Regina. Er holt sehr zur Überraschung von Mitarbeiterin Isabel Ackermann aus seinem Rucksack zwei Schachteln mit Süßigkeiten und verteilt sie auf den Tischen. „Das kommt immer wieder mal vor, unsere Klienten sind so dankbar“, freut sich die Honorarkraft über die Mitbringsel von Rami Koc.

Isabel Ackermann arbeitet seit Anfang 2020 als Hauptamtliche auf Honorarbasis für die Gemeindecaritas. Zuvor war sie bereits im Team der Ehrenamtlichen, an deren Spitze als Vorsitzende Petra Holler-Kracht steht. Insgesamt zehn ehrenamtliche Männer und Frauen zählt das Team, das sich um die großen und kleinen Sorgen von Menschen kümmert.

Unterstützung in vielen Lebenslagen

Und die betreffen sowohl finanzielle Notlagen als auch Unterstützung bei Anträgen für das Bürgergeld. „Wir geben allerdings keine rechtsverbindlichen Auskünfte“, stellt Isabel Ackermann klar. Wolfgang Prange, ein Kollege der Caritas in Ahlen, ist zudem in der Schuldnerbegleitung tätig und vermittelt Betroffene bei Bedarf weiter an die Insolvenzberatung.

Hauptanliegen seien finanzielle Notlagen, so Ackermann. Die meisten Klienten stünden in einem Leistungsbezug. Es handele sich um Alleinstehende, Ältere, Verwitwete, chronisch Kranke, aber auch Familien, die finanziell nicht mehr über die Runden kämen. Zurzeit betreue man knapp 25 Parteien. Einmal monatlich stellt der Caritaspunkt Lebensmittelgutscheine bei nachgewiesener Bedürftigkeit aus, die in Geschäften eingelöst werden können.

Caritaspunkt Drensteinfurt braucht Spenden

Rami Koc überrascht Caritas-Mitarbeiterin Isabel Ackermann mit Süßigkeiten als Dankeschön für die Unterstützung. | Foto: Maria Kessing
Rami Koc überrascht Caritas-Mitarbeiterin Isabel Ackermann mit Süßigkeiten als Dankeschön für die Unterstützung. | Foto: Maria Kessing

Dazu kommen weitere Zuschüsse zum Beispiel beim Kauf einer neuen Brille, für Medikamente, Ferienfreizeiten, Klassenfahrten, Freibadbesuche, Erstkommunion oder Taufe. Außerdem vergibt die Caritas zinslose Darlehen, die in kleinen Raten abgetragen werden können.

Im vergangenen Jahr betrugen die Ausgaben laut Isabel Ackermann 17.000 Euro. Dem gegenüber standen Einnahmen in Höhe von 11.000 Euro. Die Differenz sei durch ein Depot ausgeglichen worden, dessen Sockel aber immer mehr abnehme. Deshalb ist die Caritas vor allem auf Spenden angewiesen.

Haussammlungen werden zum Auslaufmodell

Diese wurden bis zum Ausbruch der Corona-Pandemie bei Haussammlungen in Drensteinfurt zusammengetragen. Was jedoch immer schwieriger geworden sei, berichtet Caritasvorsitzende Petra Holler-Kracht. Immer weniger Ehrenamtliche seien bereit gewesen, von Haustür zu Haustür zu gehen. „Das kostet Überwindung“, weiß Holler-Kracht aus eigener Erfahrung. In Neubaugebieten hätten die Bewohner die Tür oft gar erst aufgemacht.

Die Pandemie habe eine ohnehin geplante Umstellung auf die Verteilung von Flyern mit Spendenaufrufen im Sommer und vor Weihnachten beschleunigt. Der persönliche Kontakt gehe zwar ein wenig verloren, aber das Spendenaufkommen sei stabil geblieben. „Das ist sehr beruhigend“, meint Isabel Ackermann. 4.000 Flyer mit der Kontoverbindung seien von Ehrenamtlichen in Drensteinfurt verteilt worden. Viele kleine Einzelspenden von 25 bis 50 Euro, aber auch schon mal Überweisungen von 1.000 Euro gingen auf das Caritaskonto ein. Mit den Einnahmen wird die Arbeit vor Ort finanziert.

Niemand soll sich schämen

In letzter Zeit klagten Klienten auch über die Folgen von Inflation und Energiekrise. Viele seien jedoch tapfer und versuchten sich auf die steigenden Kosten einzustellen. Und, so Ackermann, viele Familien versuchten auch, aus dem Leistungsbezug mit eigener Kraft herauszukommen. Leider wüssten aber auch Bedürftige oft nichts von den Angeboten der Caritas.

Andere wiederum koste es viel Überwindung, die offene Sprechstunde in der Alten Küsterei zu besuchen. „Es muss sich keiner scheuen, zu uns zu kommen“, betont Ackermann. Denn Anonymität und Schweigepflicht sind oberstes Gebot.

Caritaspunkt mit Nachwuchsproblemen

Wie andere Einrichtungen auch leidet der Caritaspunkt unter Nachwuchsproblemen. „Wir müssen neue und jüngere Helfer finden“, sagt Petra Holler-Kracht. Deshalb hat die Caritas im vergangenen Jahr ein Sommerfest veranstaltet, um für ihre Arbeit zu werben. Es gebe erste Erfolge, berichtet die Vorsitzende von drei Neuzugängen.

„Caritas“ heißt übersetzt Nächstenliebe. Menschen in Not helfen, das ist auch wieder das Gebot der Stunde an diesem Dienstagnachmittag. Als die Glocken im Kirchturm von St. Regina um 17 Uhr läuten, öffnet sich die Tür der Alten Küsterei für die schon wartenden Menschen in Not.

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