Umfrage: Wie möchten Sie bestattet werden?

Bestattungen zwischen Trends und Traditionen

Urnenbeisetzungen oder Feiern im engsten Familienkreis sind im städtischen Milieu auf dem Vormarsch. In den Dörfer hingegen sind bewährte christliche Trauertraditionen noch selbstverständlich. Und wie möchten Sie bestattet werden?

 

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Die beiden Welten liegen nur sieben Kilometer voneinander entfernt. Auf der einen Seite: Rüschendorf und Osterfeine, zwei Dörfer am Dümmer. Heiner Zumdohme weiß genau: Wenn dort jemand stirbt, läuft alles nach einem festen Plan ab.

 

Mittags läutet die Totenglocke

 

Mit Nachbarschaftsgebet, Rosenkranz, Aussegnung in der Kapelle und Beerdigung auf dem Friedhof. „Anschließend kommen alle ganz selbstverständlich mit zum Requiem“, sagt der 45-jährige Pfarrer von St. Viktor Damme, wozu neben der Stadt auch die beiden Dörfer gehören.

Um das meiste kümmern sich Nachbarn. Von Messdienern über Kommunionhelfer bis zu Sargträgern. Und die Totenglocke läutet bis zur Beerdigung pünktlich jeden Mittag um zwölf. Meist hat in den Tagen und Wochen vor dem Tod auch schon jemand einen Geistlichen gerufen – wegen der Krankensalbung.

 

In der Stadt 30 Prozent Urnenbestattungen

 

Und in Damme? Dort ist alles ganz anders. Mit gut 12.000 Einwohnern ist es zwar eher ein Städtchen, aber in Sachen Beerdigungen besteht ein deutlicher Kontrast zu den beiden Dörfern.

Den Anteil der Urnenbestattungen auf dem katholischen Friedhof der Stadt zum Beispiel schätzt der Pfarrer auf gut 30 Prozent, Tendenz  steigend. „Das ist heute eine ganz gängige Form hier“, sagt er. Das sind zwar noch nicht die 64 Prozent, auf die der Bundesverband der Deutschen Bestatter den Anteil bundesweit veranschlagt, aber eben nicht zu vergleichen mit Osterfeine und Rüschendorf.

 

Auf dem Dorf manchmal 500 Trauergäste

 

Pfarrer Zudohme schüttelt den Kopf. „Eine Urnenbestattung habe ich dort bisher noch nie erlebt.“ Und das, obwohl die 2011 verabschiedeten Gebührenordnungen beider Dorffriedhöfe die Möglichkeit durchaus vorsehen.

Eine Stele mit den eingravierten Namen von Verstorbenen auf dem Dammer Friedhof. | Foto: Michael Rottmann
Eine Stele mit den eingravierten Namen von Verstorbenen auf dem Dammer Friedhof. | Foto: Michael Rottmann

Ein weiterer Unterschied: Bestattungen im engsten Familienkreis, die in der Stadt immer öfter vorkommen, hat es laut Zumdohme in den beiden Dörfern am Dümmer bisher noch nicht gegeben. Im Gegenteil. „Dort gehen oft genug 300 oder 400 Teilnehmer im Trauerzug mit. Manchmal noch mehr“, sagt der Pfarrer, „weil aus fast jedem Haus jemand mitkommt.“

 

Krankensalbung ist in der Stadt nicht mehr selbstverständlich

 

Den Wunsch nach dem Sakrament der Krankensalbung – in den Dörfern durchaus üblich – hören die Dammer Seelsorger in der Stadt eher selten. Und eine Eucharistiefeier nach der Bestattung sei auch nicht mehr selbstverständlich.

„Weil viele Menschen in der Stadt nicht mehr die ganz enge Bindung an die Kirche haben“, so Zumdohme. „Sie wünschen sich im Angesicht des Todes zwar noch die Kirche für eine würdige Feier. Aber da genügt ihnen immer öfter ein Wortgottesdienst.“ Auch so genannte pflegeleichte Gräber für Urnen und Särge finden sich in St. Viktor bisher nur auf dem katholischen Friedhof in der Stadt Damme und dem in Neuenkirchen, das auch zur Pfarrei gehört.

 

Anonyme Bestattungen sind tabu

 

In Damme ist es angelegt rund um eine Stele mit den eingravierten Namen der Verstorbenen. Trauernde können Kerzen und Blumen bringen, müssen sich aber um die Grabpflege nicht mehr kümmern. Heiner Zumdohme: „Danach fragen in erster Linie Familien, wenn die Kinder in Düsseldorf, München oder Hamburg wohnen und die Mutter alleine in Damme gelebt hat.“

Eine anonyme Bestattung ist es dennoch nicht, darauf legt der Pfarrer Wert. „Die kommt für uns ausdrücklich nicht infrage“, betont er. „Jeder Verstorbene bekommt einen Namen, weil Gott jeden Menschen einzeln geschaffen hat.“

 

Pfarrer Zumdohme rechnet mit Veränderungen

 

Pfarrer Heiner Zumdohme. | Foto: Michael Rottmann
Pfarrer Heiner Zumdohme. | Foto: Michael Rottmann

Dieser Grundsatz hat die St.-Viktor-Pfarrei jetzt auch zu einem neuen Dienst für Verstorbene ohne Angehörige gebracht, häufig Sozialfälle. Seit neuestem setzt der Pfarrer deren Beisetzung nach einer Frühmesse in der Woche an und lädt die Gottesdienstteilnehmer ein, mit auf den Friedhof zu kommen.

Zumdohme ist sich sicher: „Unsere Friedhöfe und auch Bestattungen werden sich weiter verändern.“ Schon heute bereitet sich die Gemeinde zum Beispiel darauf vor, dass irgendwann nicht mehr nur Priester Beerdigungen übernehmen werden.

Veränderungen ja – aber in den Dörfern nicht ganz so schnell, meint der Pfarrer. Obwohl auch die Menschen dort in der modernen Welt leben. „Trotzdem werden sie anders geprägt.“ Es werde ihnen mitgegeben, dass Kirche und Glaube und damit auch Tod und Beerdigung in einem bestimmten Zusammenhang zu sehen sind. „Da wachsen sie wie selbstverständlich rein, trotz Internet, Fernsehen und Säkularisierung.“