"Preisexplosion wird einkommensschwache Haushalte hart treffen"

Caritas fordert Moratorium für Strom- und Gassperren

  • Der Deutsche Caritasverband fordert von der Bundesregierung, einkommensschwache Haushalte bei den steigenden Heizkosten gezielt zu unterstützen.
  • Die Menschen müssten zum Energiesparen motiviert werden.
  • Die Caritas im Bistum Münster sieht jeden sechsten Haushalt in NRW von Einkommensarmut bedroht.

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Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa hat sich dafür ausgesprochen, mit den Mehrwertsteuer-Einnahmen aus der geplanten Gas-Umlage Hilfen für Bedürftige zu finanzieren. "Die Regierung prüft gerade, wie sie die Gasumlage von der Mehrwertsteuer befreien kann", sagte Welskop-Deffaa den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Wer viel heize, werde dann viel Mehrwertsteuer sparen. "Besser wäre: Wer wenig Geld hat, wird bei den Heizkosten gezielt unterstützt."

Die von der Regierung angekündigte Wohngeld-Reform als Ausgleich komme zu spät, daher seien "die Mehrwehrsteuereinnahmen für eine weitere Einmalzahlung für Menschen mit wenig Geld gut zu nutzen", so die Caritas-Chefin.

Starker Gaspreisanstieg im Oktober erwartet

Ab Oktober müssen Verbraucher damit rechnen, dass sich der Gaspreis deutlich erhöht, weil die Unternehmen dann Mehrkosten an sie weiter reichen können. "Menschen mit kleinen Einkommen werden die Strom- und Gasrechnung schlicht nicht zahlen können", befürchtet Welskop-Deffaa. "Es muss deshalb geregelt werden, dass es in dieser Notlage keine Strom- und Gassperren geben wird – egal, ob die Menschen ein, zwei, drei oder vier Monate im Rückstand sind."

Welskop-Deffaa kritisierte, dass die Regierung in der aktuellen Situation ihre Förderung für einen von der Caritas angebotenen kostenlosen Stromspar-Check für Hartz-IV-Haushalte kürze. "Die Kommunen übernehmen zu einem gewissen Anteil die Heizkosten von Menschen, die Hartz IV bekommen. Und sie wissen, dass die mit den Gaspreisen drastisch nach oben gehen werden", erläuterte die Caritas-Präsidentin. "Wenn es nicht gelingt, die Leute zum Energiesparen zu motivieren, gehen die Kommunen finanziell in die Knie." Aber ausgerechnet jetzt fahre die Bundesregierung ihre Förderung für das Stromspar-Check-Programm zurück - statt für drei Jahre reiche das Geld aktuell nur für zwei Jahre. "Das ist paradox."

Auch Caritas im Bistum Münster sieht Handlungsbedarf

Auch der Caritasverband im Bistum Münster fordert, dass „Menschen durch die hohen Energiepreise nicht in existenzielle Not geraten dürfen“.  Diözesan-Caritasdirektor Dominique Hopfenzitz appelliert an die Sozialleistungsbehörden in Nordrhein-Westfalen, die gestiegenen Energiepreise zu berücksichtigen und das Recht korrekt anzuwenden. „Die Behörden können erst dann die Übernahme von Heizkosten verweigern, wenn Menschen nachweislich zu viel heizen“, sagt Hopfenzitz. Es dürfe nicht sein, dass nur die Kosten des Vorjahres übernommen werden, wenn die Heizkosten allerorten explodieren. „Sonst werden Menschen im Sozialleistungsbezug und einkommensarme Haushalte ihre Wohnungen verlieren oder sie sitzen im Winter im Kalten.“

„In Nordrhein-Westfalen ist derzeit jeder Sechste von Einkommensarmut bedroht“, sagt Ute Cappenberg, Referentin für Schuldner- und Insolvenzberatung beim Diözesan-Caritasverband. „Aus den Sozial- und Schuldnerberatungen im Bistum kommen zahlreiche Rückmeldungen, dass Familien Überschuldung und Wohnungsverlust fürchten müssen, weil sie die Energie- und Lebenshaltungskosten nicht aufbringen können.“ Das Problem werde sich zum Winter hin verschärfen. „Die steigenden Energiekosten werden dazu führen, dass noch viel mehr Menschen Anspruch auf Sozialleistungen haben. Diese Menschen möchte die Caritas ermutigen, ihre Ansprüche auf Leistungen des Staates tatsächlich wahrzunehmen.“

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