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Der Diözesanrat empfiehlt am 21. April Bischof Felix Genn die Zuschnitte der künftigen Pastoralen Räume. Generalvikar Klaus Winterkamp und Daniel Gewand, Geschäftsführer des Prozesses, erklären im „Kirche-und-Leben.de“-Interview, welche Schritte in diesem Jahr noch zu gehen sind.
Der pastorale Strukturprozess steht am 21. April auf der Agenda des Diözesanrates. Was passiert an diesem Tag?
Winterkamp: Der Diözesanrat wird an dem Tag über die zu errichtenden Pastoralen Räume beraten und sie Bischof Felix Genn empfehlen. Danach wird der Bischof die Pfarreien informieren, in welchem Pastoralen Raum sie sind. In nahezu allen Fällen werden sie in demjenigen Raum sein, den sie vorgeschlagen haben. Sie sollen nach Möglichkeit am 1.1.2024 in Kraft gesetzt werden.
Welche Schritte sind in den vergangenen Wochen hin auf die Sitzung des Diözesanrats gegangen worden?
Gewand: Die Pfarreien wurden mit einem Vorschlag, zu welchem Pastoralen Raum die Bistumsleitung sie zuordnen würde, angeschrieben. Dann folgte ein Beratungsprozess in den Pfarreien. Hier gab es viele Beteiligungsmöglichkeiten. Viele Pfarreien haben dann dem Bistumsvorschlag zugestimmt. Einige Pfarreien haben sich auch anders orientiert, sodass einige Pastorale Räumen anders zugeschnitten wurden. Die Änderungen haben das jeweilige Regionalteam und die Steuerungsgruppe als von der Größe her passend angesehen. Wir haben die Voten der Pfarreien gesichtet, und die Steuerungsgruppe wird die Ergebnisse im Diözesanrat präsentieren und zur Diskussion stellen.
Aus einigen Pfarreien war zu hören, dass sie dem Bistumsvorschlag nicht folgen wollen. Wie sind die Gremien damit umgegangen?
Winterkamp: Die Vorschläge sind in unterschiedlicher Intensität in den Pfarreien diskutiert worden. Da, wo es Gesprächsbedarf gab, haben wir als Steuerungsgruppe Ideen eingebracht, die dann wiederum diskutiert worden sind.
Es gibt auch Pfarreien, die sich bereits vor der Entscheidung des Bischofs auf den Weg zu einem Pastoralen Raum machen, wie zum Beispiel die drei Coesfelder Pfarreien bei der Einführung des neuen Pfarrers Jörg Hagemann. Freuen Sie sich über solch einen Umgang mit dem Thema?
Gewand: Ja, natürlich. Wir freuen uns, wenn Pfarreien wie in Coesfeld und Lette sagen, dass sie jetzt schon Schritte gehen und etwas ausprobieren. Die gewählten Gremien der drei Pfarreien sind miteinander im Gespräch, die pastoralen Teams sind miteinander auf dem Weg und grooven sich ein. Man muss nicht auf ein bestimmtes Datum warten, und erst ab dann darf man kooperieren. Im Bistum gibt es einige Orte, mit so erfreulichen Entwicklungen, wie in Coesfeld.
Winterkamp: So hat sich im Pastoralen Raum Bocholt/Rhede/Isselburg eine Arbeitsgruppe zu dem Thema gebildet, die sich schon mehrfach getroffen hat. Wie immer im Bistum gibt es eine große Heterogenität und Ungleichzeitigkeit.
Im September 2021 sprachen Sie, Herr Generalvikar, von rund 50 Pastoralen Räumen im gesamten Bistum Münster. Wie viele werden es denn jetzt?
Wir liegen jetzt bei 46 Pastoralen Räumen im gesamten Bistum Münster.
„Kirche-und-Leben.de“-Chef vom Dienst Jan Dirk Wiewelhove (rechts) beim Gespräch im Generalvikariat. | Foto: Michael Bönte
Wie wird zum 1.1.2024 konkret die Umsetzung der Pastoralen Räume ablaufen?
Winterkamp: Wir versuchen, zu dem Zeitpunkt die Pastoralen Räume zu sogenannte Kirchengemeindeverbünden zu erheben, das ist die rein rechtliche Struktur. Dies muss bei der Bezirksregierung eingebracht werden. Mit der Vorbereitung dafür haben wir intern bereits begonnen. Im Offizialatsbezirk Oldenburg muss die Landesregierung in Hannover einbezogen werden. Wir hoffen, dass die Verfahren zum 1.1.2024 abgeschlossen sein werden. Die Bezeichnung Pastoraler Raum bezieht sich hingegen auf die seelsorgliche Ebene.
Neben der juristischen Seite stellen sich viele soziale Fragen im täglichen Miteinander in den neuen pastoralen Strukturen. Hierzu beraten verschiedene Themengruppen. An welchen Themen arbeiten sie?
Gewand: Die 14 Themengruppen, die mit 140 Menschen aus dem Bistum besetzt worden sind, gibt es seit letztem Jahr und sie stecken mitten in der Arbeit. Die Gruppen haben jeweils konkrete Aufträge zu bearbeiten. Da ist zum Beispiel die Frage, wie das Rollen- und Aufgabenverständnis der verschiedenen Akteure in einem Pastoralen Raum sein wird. Die Rollen von hauptberuflich Seelsorgenden und freiwillig Engagierten werden sich ändern. Es geht um das Thema, wie ein Pastoraler Raum geleitet wird und welche Vorgaben es dazu geben wird. Klar ist, dass es ein Leitungsteam geben wird. Aber wie das konkret aussehen wird, ist noch offen. Wir haben den Themengruppen bis Ende des Jahres Zeit gegeben, um die Fragen zu beantworten.
Winterkamp: Eine andere Gruppe beschäftigt sich mit der Rechtsträgerschaft des Pastoralen Raums. Bedeutet das für Mitarbeitende beispielsweise, dass ihre Arbeitsverhältnisse auf eine andere Ebene gehoben werden? Es geht um die Frage von alternativen Trägerschaften von Kitas im Bistum. Im oldenburgischen Teil soll die Kita-Trägerschaft auf Ebene des Pastoralen Raums angesiedelt werden, im NRW-Teil gibt es auch Stimmen, die die Kita-Trägerschaft gerne eine Ebene höher hängen würden, also gegebenenfalls auf Kreisdekanatsebene.
Wenn wir an die Katholikinnen und Katholiken in den Pfarreien denken, kommt die Frage nach der Identifikation mit dem Pastoralen Raum auf. Ist das notwendig, wenn der eigene Kirchort erhalten bleibt?
Winterkamp: Es ist verständlich und völlig in Ordnung, wenn die Menschen sich weiter eher mit ihrer Pfarrei als mit dem Pastoralen Raum identifizieren. Aus meiner Vergangenheit als Pfarrer einer fusionierten Pfarrei weiß ich, dass das schon damals schwierig war und lange, lange dauert. Erstens erhalten wir die Pfarreien definitiv. Zweitens versuchen wir viele Gebäude, die derzeit an den Kirchorten vorgehalten werden, zu erhalten – obwohl wir uns von einer ganzen Reihe auch werden trennen müssen. Es ist ein Strukturprozess. Die Seelsorge lebt vor Ort weiter. Aus meiner Sicht wäre es schön, wenn die Identifikation vor allem über die Botschaft geht, die wir als Christen als gemeinsame Grundlage haben.
Es wird jeder unterstreichen, dass es um die Botschaft geht, und trotzdem rumort es immer wieder. Was setzen Sie diesen Sorgen entgegen?
Winterkamp: Wir hören oft die Befürchtung der Seelsorgenden, sie könnten künftig nur noch im Auto sitzen, von Ort zu Ort fahren und Pastoral machen. Unsere Zahlen sagen etwas Anderes. Jetzt haben wir noch mehr als 1000 Hauptamtliche, in fünf Jahren noch mehr als 800 und in zehn Jahren mehr als 700 Hauptamtliche. Bis wir die vielfach erwähnte Zahl von acht Hauptamtlichen im Schnitt pro Pastoralem Raum haben werden, ist es noch lange hin. Am 1. Januar 2024 werden also nicht plötzlich nur noch acht Personen pro Pastoralem Raum da sein, und wir werden am 1. Januar nicht flächendeckend neue Hauptamtliche ernennen. Ich kann die Befürchtungen verstehen, aber sie lassen sich de facto entkräften.
Trotz all der Erklärungen ist dieses Szenario ein Dauerbrenner in den Köpfen. Wieso bekommt man das nicht raus?
Gewand: Das ist Veränderung, und das ist ein Prozess, und das ist Unsicherheit. Es laufen gerade Mikrofortbildungen, in denen wir diese Sorgen aufgreifen. Der Auftrag ist: Wir wollen das Evangelium weiterhin vor Ort verkünden und leben, und dafür wollen wir Strukturen schaffen. Im nächsten Jahr wird es Auftaktwerkstätten für alle hauptberuflichen Teams und parallel Angebote für freiwillig Engagierte geben. Und für die Pastoralen Räume werden Koordinatorinnen und Koordinatoren ernannt, um die Startphase zu begleiten.
Wie wird sich die ehrenamtliche Arbeit verändern? Können die freiwillig Engagierten weiterhin in ihrer Pfarrei aktiv bleiben?
Gewand: Ehrenamtliches oder freiwilliges Engagement findet vor Ort statt. Wir wollen Strukturen schaffen, die Engagement vor Ort weiter ermöglichen. Mit dieser Thematik beschäftigt sich eine Themengruppe gerade intensiv. Es geht darum, freiwilliges Engagement weiter zu unterstützen. Wenn freiwillig Engagierte Teil des Leitungsteams sein sollen, dann müssen wir die Leute auch befähigen, leiten zu können. Es geht um Aus- und Weiterbildung.
Nach der Bekanntgabe der Pastoralen Räume: Durchatmen oder geht es nahtlos weiter?
Gewand und Winterkamp: Es geht jetzt erst richtig los. Wir sind mittendrin.