Helmut Flötotto: Können im Bistum Münster viele Helfende aktivieren

Flüchtlings-Experte: Deutschland könnte 100.000 Afghanen aufnehmen

  • Deutschland kann nach Ansicht eines Experten problemlos 100.000 Menschen aus Afghanistan aufnehmen.
  • Das sei „eine Frage der Haltung“ und des Wollens, sagt Helmut Flötotto, Flüchtlingsbeauftragter des Bistums Münster, im Gespräch mit „Kirche-und-Leben.de“.
  • Im Bistum ließen sich etliche Helfer reaktivieren, ist Flötotto überzeugt.

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Deutschland kann nach Ansicht eines Experten problemlos 100.000 Menschen aus Afghanistan aufnehmen, die nach der Machtübernahme der Taliban um Leib und Leben fürchten. Im Herbst 2015 sei Deutschland „mit ganz anderen Zahlen umgegangen“, sagt Helmut Flötotto, Flüchtlingsbeauftragter des Bistums Münster, im Gespräch mit „Kirche-und-Leben.de“.

Die 2015 geschaffenen Hilfsstrukturen für Geflüchtete könnten „kurzfristig hochgefahren werden“, so Flötotto. Gesellschaftliche, kirchliche und Caritas-Gruppen würden den Staat unterstützen. Die Aufnahme einer solchen Zahl Geflüchteter sei „eine Frage der Haltung“ und des Wollens. „Die Kirche und ihre Verbände treten dafür ein“, ist Flötotto überzeugt.

 

„Auf den Zapfenstreich zur Afghanistan-Mission verzichten“

 

Viele Menschen auch im Bistum Münster hätten sich ab 2015 in der Flüchtlingshilfe „zeitlich befristet und zielgerichtet“ engagiert, erläutert der Experte. „Ich bin sicher, dass wir etliche reaktivieren können, wenn erneut größere Flüchtlingsgruppen zu uns kommen.“ Über die Zahl potenzieller Helfender will er nicht spekulieren.

Flötotto regt an, auf den Großen Zapfenstreich in Berlin zum Ende der Bundeswehr-Mission zu verzichten. „Der Zapfenstreich würde nach meiner Einschätzung den Afghanistan-Einsatz insgesamt würdigen. Das halte ich nicht für geboten, die Mission ist in weiten Teilen gescheitert.“ Das schließe gleichwohl nicht aus, den einzelnen Soldaten für ihr Engagement zu danken, betont er.

 

Willkommensfeier vor dem Reichstag

 

Wenn Deutschland nach Flötottos Angaben 12,5 Milliarden Euro für den Bundeswehr-Einsatz aufgewendet habe, sei das Land auch in der Lage, „die zu erwartende Flüchtlingskatastrophe aufzufangen“, so der Leiter des Referats „Soziale Arbeit“ im Diözesan-Caritasverband. Ein „erstes Zeichen“ könne sein, mit dem beim Zapfenstreich eingesparten Geld „eine Willkommensfeier für Flüchtlinge vor dem Reichstag“ zu organisieren.

Wer mit Blick auf Flüchtlinge allein auf die Nachbarländer Afghanistans setze, mache sich „einen schlanken Fuß“ und müsse dann ehrlich sagen, dass er den Menschen „ein bis zwei Jahrzehnte in Flüchtlingslagern unter zum Teil unsäglichen Verhältnissen zumuten“ wolle, ergänzt Flötotto. Das zeigten Erfahrungen etwa aus Lagern in Griechenland. Der Experte erinnert an Kinder ohne Möglichkeit zu Schulbesuch und Ausbildung und Menschen ohne Perspektive.

Gleichwohl brauche es finanzielle Unterstützung für die afghanischen Nachbarländer, um Geflüchtete aus Afghanistan humanitär zu versorgen.

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