„Pandemie trifft auf ausgelaugte und angeschlagene Menschen“

Kossen befürchtet viele Corona-Fälle bei Arbeitsmigranten

Vor einer massenweisen Infizierung osteuropäischer Arbeitsmigranten mit dem Corona-Virus warnt der Lengericher Pfarrer Peter Kossen. Die ausgelaugten Menschen hätten der Krankheit kaum etwas entgegenzusetzen.

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Vor einer massenweisen Infizierung osteuropäischer Arbeitsmigranten mit dem Corona-Virus warnt der Lengericher Pfarrer Peter Kossen. Gründe seien ihre oft unmenschlich harten Arbeitsbedingungen etwa in der Fleischindustrie, in Ausstallkolonnen oder als Paketzusteller, erläutert der Pfarrer, der sich seit Jahren für Arbeitsmigranten einsetzt. Hinzu kämen prekäre Wohnverhältnisse. Es müsse „mit einer Vielzahl schwerer und tödlicher Verläufe der Corona-Erkrankung“ bei diesen Menschen gerechnet werden.

Kossen zufolge leben bis zu vier Millionen Arbeitsmigranten in Deutschland. Er stützt seine Corona-Prognose auf Erfahrungen seines Bruders, des Internisten und Allgemeinmediziners Florian Kossen, der auch Arbeitsmigranten behandle.

 

Fehlende Sprachkenntnisse – Warnungen kommen nicht an

 

„Die Totalerschöpfung dieser Menschen ist die Normalität. Dazu kommen zahlreiche Schnittverletzungen, aber auch wiederholte und hartnäckige Infekte durch mangelhafte hygienische Zustände in den Unterkünften und durch gesundheitswidrige Bedingungen an den Arbeitsplätzen“, beschreibt der Pfarrer.

Ein weiteres Problem seien die oft zu kleinen, schlecht belüfteten und mehrfach belegten Zimmer in den Unterkünften: „Wenn die Pandemie auf diese ausgelaugten, angeschlagenen und gedemütigten Menschen trifft, wird sie zahlreiche Opfer fordern.“

Mangelnde Sprachkenntnis verschärfe das Problem. So kämen Warnungen und Sicherheitsvorschriften nur bruchstückhaft oder gar nicht bei den Migranten an.

 

Ganze Familien betroffen

 

Inzwischen hausten zunehmend ganze Familien von Arbeitsmigranten mit Kindern in den Unterkünften: „Niemand fühlt sich zuständig, die Kommunen nicht, die Landkreise nicht“, beklagt Kossen. „Die Leidtragenden sind wie immer die Schwächsten – die Kinder.“

Der Pfarrer verlangt von den Unternehmen und Behörden schnellstmöglich Maßnahmen zum Schutz der Arbeitsmigranten: „Zwölf-Stunden-Schichten an sechs Tagen die Woche, körperliche Schwerstarbeit unter ständigem physischen und psychischen Druck sowie Behausungen, die Erholung und Regeneration nicht zulassen, sondern die Gesundheit zusätzlich gefährden – solche Arbeits- und Lebensbedingungen liefern die Betroffenen und ihre Angehörigen wehrlos einer hochansteckenden Krankheit aus.“

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