Nachgefragt dort, wo Laien bereits Leitungsaufgaben wahrnehmen

Vatikan-Leitungspapier irritiert Praktiker im Bistum Münster

Der Vatikan hat verfügt, dass Laien von der Pfarreileitung ausgeschlossen bleiben sollen, und die Rolle des Pfarrers gestärkt. Wie kommt diese Instruktion bei den Praktikern im Bistum Münster an?

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Laien als Dienstvorgesetzte, ein Pastoralreferent als pastoraler Leiter einer Pfarrei, eine Frau, die Aufgaben eines Dechanten übernimmt – im Bistum Münster gibt es bereits verschiedene Versuche, Leitung neu aufzuteilen. Nun hat der Vatikan verfügt, dass Laien von der Pfarreileitung ausgeschlossen bleiben sollen, und die Rolle des Pfarrers gestärkt. Wie kommt diese Instruktion bei den Praktikern an?

Hermann Schröer aus Cloppenburg findet sie „überraschend rückwärtsgewandt“. Er ist seit Oktober 2019 Vorsitzender des Kirchenausschusses von St. Andreas und trägt die letzte finanzielle und dienstrechtliche Verantwortung – für den laufenden Haushalt, für die Bauten und als Dienstherr von rund 100 Angestellten.

 

Cloppenburger Modell widerspricht der Instruktion

 

Das widerspricht der Instruktion. Die legt in Punkt 67 fest, der Pfarrer vertrete „von Rechts wegen die Pfarrei bei allen Rechtsgeschäften“ und sei „verantwortlicher Verwalter des pfarrlichen Vermögens“. Schröer findet hingegen die Cloppenburger Lösung „zukunftsweisend“ – gerade angesichts der Frage, wie viele Geistliche es künftig noch für seelsorgliche Aufgaben geben werde.

Im oldenburgischen Teil des Bistums Münster sehen die Regeln für die Kirchenfinanzen vor, dass der Pfarrer automatisch Vorsitzender im Kirchenausschuss ist. Er kann diese Rolle an einen Laien abgeben, was in Cloppenburg geschehen ist. Eine entsprechende Regelung gibt es im nordrhein-westfälischen Bistumsteil nicht.

 

Ernsting: Papier ändert nichts an der Wirklichkeit

 

Im Dekanat Recklinghausen teilen sich seit Jahresbeginn Pastoralreferentin Maria Hölscheidt aus Datteln und Pfarrer Ludger Ernsting aus Recklinghausen als „Bischöfliche Beauftragte“ die Aufgaben eines Dechanten. Ernsting sieht keine Gefahr für das Modell, weil er als Pfarrer Teil der Leitung ist. Die Instruktion ändere zudem nichts „an der Lebenswirklichkeit“, sagt er. Und diese Praxis sei geteilte Leitung – an vielen Orten und bei vielen Aufgaben.

Allerdings hält der Priester das Vatikan-Schreiben für „perspektivisch unverantwortlich“ – vor allem mit Blick auf die Pfarreien. Die Instruktion rede immer wieder von Evangelisierung, zugleich blende der Text „Teile der kirchlichen Wirklichkeit aus“, nämlich das Engagement der Laien in vielen Ländern der Weltkirche. Das zeige, wie weit die Verfasser „von der Realität entfernt“ seien, so Ernsting.

 

„Wir sollten die Mitarbeit von Laien stärken“

 

Zwei Leitungsteams soll es künftig in der Pfarrei St. Martinus Moers geben – ein pastorales rund um Pfarrer Gerhard Fliß, die Seelsorger und den Pfarreirat sowie ein Verwaltungsteam rund um Pfarrverwalter Herbert Werth und den Kirchenvorstand. Werth sieht auch dieses Modell als ungefährdet an, weil in beiden Teams Pfarrer mitarbeiten. „Leider“ sei aber das Vatikan-Schreiben in der Grundaussage „nicht zukunftsfähig“.

„Warum sollte die Verwaltungsleitung nicht bei einem Laien liegen?“, fragt sich Pfarrer Werth. Er verweist auch auf gute Erfahrungen mit hauptamtlichen Verwaltungsreferenten im ganzen Bistum Münster. „Die Mitarbeit der Laien funktioniert – wir sollten sie auf allen Ebenen stärken“, findet er.

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