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Durch den Lockdown können Schüler nur per Internet oder Telefon Kontakt zur Schule aufnehmen. Auch die Schulseelsorger sind dadurch in ihrer Arbeit eingeschränkt. Wie es den Schülern wirklich geht, können sie oft nur erahnen, wichtige Rückmeldungen fehlen.
Im Lockdown lassen sich Schulseelsorger einiges einfallen, um die Schüler auch in der Situation des Homeschoolings erreichen zu können. Impulse per Mail, Video-Gottesdienste oder Online-Chats gehören vielerorts schon zum Standard. Der direkte persönliche Kontakt, von dem die Seelsorge mit den jungen Menschen sonst lebt, fehlt. Doch in Corona-Zeiten sind die Sorgen der Jugendlichen und Kinder sicher nicht kleiner geworden. Wie erleben die Seelsorger diese Situation?
900 der etwa 1.000 Schüler des Gymnasiums Johanneum bei Ostbevern können derzeit nicht zur Schule gehen. Nur die etwa 100 „Internen“ im angeschlossenen Internat werden in ihren Wohnbereichen betreut. Eine Situation, die nicht neu ist für alle. Schon zum vierten Mal ist man hier in diesem Ausnahmezustand. Dem ersten bundesweiten Lockdown folgte im Sommer der regionale Lockdown im Kreis Warendorf und kurz vor Weihnachten die Schulschließung wegen des Verdachts auf eine Masern-Infektion. Das neue Jahr beginnen die Schüler wieder im Homeschooling.
Wie geht es den Schülern wirklich?
„Wir haben von Mal zu Mal dazugelernt“, sagt Wolfgang Rensinghoff. Der Diakon und Schulseelsorger an der Loburg, wie die Schule genannt wird, hat mit seinem Team immer wieder Neues auf die Beine gestellt, „um den Kontakt zu den Schülern in diesen Phasen nicht zu verlieren“. Ein digitaler Adventskalender gehörte dazu oder Impulse für den morgendlichen Beginn des Online-Unterrichts.
„Das alles kann das direkte Gespräch aber nicht ersetzen“, sagt Rensinghoff. „Das kleine Bild auf dem Monitor der Video-Konferenz zeigt nicht, wie es den Schülern wirklich geht.“ Das berichten auch die Lehrer. Was sich sonst im Verhalten, in Mimik und Gestik zeigt, ist in dieser Form kaum wahrnehmbar. „Die Probleme der Schüler aber sind die gleichen wie sonst – und sie spitzen sich im Lockdown noch einmal zu.“
Wichtige Informationen fehlen
Pater André Kulla berichtet von ähnlichen Erfahrungen im Gymnasium Mariengarden in Borken-Burlo. Der Oblatenmissionar und Schulseelsorger erfährt im Lockdown besonders intensiv, „wie sehr Seelsorge von persönlicher Begegnung lebt“. Die gibt es derzeit nicht zwischen ihm und den 780 Schülerinnen und Schülern. „Das ist kein gutes Gefühl“, sagt der 30-Jährige. „Nur da, wo sich zuvor schon Gruppen gebildet und gefestigt hatten, ist Kontakt möglich, etwa über Video-Chats.“ Alles weitere beschränkt sich für ihn derzeit auf das, was vom Schreibtisch aus getan werden kann, „um die Kommunikation mit den Schülern irgendwie aufrecht zu erhalten, wie Impulse und andere Angebote via Internet“.
Das ist aber Kommunikation in nur eine Richtung. Denn viele Rückmeldungen bekommt er im Lockdown kaum. Damit brechen für ihn wichtige Informationen weg. „In der Regel sind es Mitschüler, die uns im Beratungs- und Seelsorge-Team auf Probleme eines Klassenkameraden aufmerksam machen.“ Zu wissen, dass seine Hilfe vielleicht gebraucht wird, er aber nichts davon weiß, bereitet ihm Sorgen.
Die Unsicherheit ist zu hören
Dieser wichtige Kontakt ergibt sich derzeit auch an der Loburg nur selten. Anrufe oder Mails von Schülern erhält Rensinghoff nur ab und zu. Mehr Gespräche führt er dagegen mit deren Eltern, die sich aus unterschiedlichen Gründen bei ihm melden. Mal mit konkreten Sorgen, wenn etwa das Budget nicht für die notwendige Technik-Ausstattung der Kinder reicht. Mal, um einfach nur über die Belastung des Lockdowns zu sprechen. „Ich höre da oft eine große Unsicherheit heraus.“
Umso wichtiger ist es für Rensinghoff, dass er selbst das Gespräch sucht. Er ist schon lange Zeit als Seelsorger an der Loburg und kennt viele Familiensituationen. „Gerade wenn ich von besonderen Nöten wie etwa schweren Krankheiten weiß, versuche ich jetzt von mir aus Kontakt aufzunehmen.“ Vor Weihnachten hat er so viele Briefe geschrieben wie noch nie.
Großer Wunsch: Schulöffnung
Sowohl Rensinghoff als auch Pater André ist anzuhören, wie sehr sie sich wieder einen normalen Schulbetrieb wünschen. „Ich bin doch Seelsorger geworden, um den Menschen nah zu sein“, sagt der Oblatenmissonar. „Bei allem, was ich derzeit organisiere und anbiete, es fehlt mir immer das Gefühl der Nähe.“