Der Reporter-Blog vom Weltjugendtag aus Portugal

WJT 2023 (#05) Deutsche Polonaise und peinlich berührte Portugiesen

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Mehrere hunderttausend junge Leute aus aller Herren Länder feiern ab dem 1. August in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon den katholischen Weltjugendtag. Auch Papst Franziskus kommt - und rund 8.000 Teilnehmende aus Deutschland, rund 300 aus dem Bistum Münster. Vorher gab es die Tage der Begegnung in Vila Real in der Nähe von Porto. Mittendrin: Paul Hintzke und Jan Dirk Wiewelhove von "Kirche-und-Leben.de". In ihrem WJT-Blog erzählen sie jeden Tag von ihren Erlebnissen - auch abseits der großen Ereignisse.

31. Juli 2023, Montag - Von Paul Hintzke, Auf der Autobahn A1 nach Lissabon

Moin von der Fahrt aus dem Bistum Vila Real Richtung Lissabon! Rund fünf Stunden Fahrt mit dem Bus liegen vor uns. Zeit für einen Rückblick auf die Tage der Begegnung. Die letzten Tage waren für Jan und mich geprägt von sehr viel sehr gutem Essen und sportlichen Herausforderungen. 

Am Samstag haben wir uns am Morgen zu einem Gottesdienst an einem Waldsee aufgemacht. Am Vortag hatte unsere Gastfamilie noch gescherzt, dass uns auf der Wanderung garantiert auch Schlangen begegnen würden. Nachdem ich mehrmals etwas ängstlich nachgefragt hatte, versicherte uns die Familie, dass es in dem Wald gar keine Schlangen gebe. So ganz glauben konnte ich das nicht. Irgendwie mussten sie ja darauf gekommen sein. 

Dreimal Nachschlag nach der Messe

Der Weg war ziemlich steil. Jan und ich waren darauf nicht vorbereitet. Ich hatte nicht das passende Schuhprofil und weiß waren meine Schuhe nach der Wanderung auch nicht mehr. Insgeheim fluchend und schimpfend liefen wir zwischen hohen Dornensträuchern und Büschen. Und dann tatsächlich: Ich hörte ein schlängelndes Geräusch. Zitternd lief ich unter den belustigten Blicken der Gastfamilie davon.

Am See angekommen, erwartete uns eine Messe im Grünen. Danach gab es Spanferkel mit Eintopf und Brötchen. Ich habe dreimal Nachschlag geholt. Nach dem Weltjugendtag brauche ich eine Diät, so viel ist sicher. Tatsächlich scheint es in Portual wichtig zu sein, gemeinsam und ausgiebig zu essen. Neben den Weltjugendtags-Pilgern waren auch viele Menschen aus den Gemeinden dabei.  

Fisch, Fresskoma, Dorffest

Am Abend gab es eine weitere köstliche Mahlzeit – das “Essen der Nationen” stand an. Aus Portugal gab es eine besondere Wurst. Unsere Pilger-Kollegen aus Angola hatten Fisch und weitere Speisen zubereitet. Wie so oft schon, setzte auch hier ein Fresskoma ein. Doch gegen 22 Uhr stand allerdings noch ein weiterer Programmpunkt auf dem Plan: Wir waren zum großen Dorffest eingeladen.  

Zwei Bierbuden, drei Schießbuden und unzählige Air-Hockey-Felder reihten sich um eine viel zu groß geratene Bühne. Volksmusik! Unser Gastvater hatte uns schon vorher abgeraten. Ganz offensichtlich zu Recht, die Musik war tatsächlich furchtbar. Außerdem tanzten sehr leicht bekleidete Damen selbstbewusst außerhalb des Rhythmus’ und aus den Boxen blies Playback – wie im ZDF-Fernsehgarten. 

Peinlich berührte Portugiesen

Den deutschen Gästen gefiel es offenbar trotzdem. Die Münsteraner waren ganz vorne mit dabei. Woran man sie erkennt? An den Pilger-Strohhüten auf ihren Köpfen. Während die Einheimischen Salsa tanzten, kannten die Deutschen nur Polonaise. Nicht wenige Portugiesen zeigten sich peinlich berührt bis irritiert.

Der Sonntag gehörte unserer Gastfamilie. Mit unserem Gastvater Pedro fuhren wir mit dem Rad durch die Landschaft. Nach all dem vielen Essen tat das gut, wenngleich die Region sehr hügelig ist. Pedro ist großer Rennrad-Fan und hat selbst das beste Modell. „Der Ferrari unter den Fahrrädern“, wie er sagt. 

Schlechtes Gewissen

Am Abend geht es zu einer Freundin der Familie. Und auch auch an diesem Abend gab es gutes Essen: Rippchen, Garnelen und Pastel de Nata. Die Gastfreundschaft der Portugiesen ist wirklich überwältigend! Bei mir macht sich ein etwas schlechtes Gewissen breit. Vielleicht hätten wir unsere Gasteltern noch auf ein Essen einladen sollen. Doch hätten die Gasteltern eine Einladung überhaupt angenommen? Jan wollte unseren Gastvater Pedro wenigstens auf einen Kaffee einladen. Doch schon das hatte er nicht akzeptiert. Pedro meinte, er akzeptiere eine Einladung erst, wenn er das nächste Mal in Deutschland ist. So viel ist sicher: Willkommen in Münster! 

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