Der Reporter-Blog vom Weltjugendtag aus Portugal

WJT 2023 (#06): Von Hühnern, Warteschlangen und einem Bischof in Kenia

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Mehrere hunderttausend junge Leute aus aller Herren Länder feiern ab dem 1. August in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon den katholischen Weltjugendtag. Auch Papst Franziskus kommt – und rund 8.000 Teilnehmende aus Deutschland, rund 300 aus dem Bistum Münster. Mittendrin: Paul Hintzke und Jan Dirk Wiewelhove von „Kirche-und-Leben.de“. In ihrem WJT-Blog erzählen sie jeden Tag von ihren Erlebnissen – auch abseits der großen Ereignisse.

1. August 2023, Dienstag – Von Jan Dirk Wiewelhove, Lissabon

Guten Abend aus Lissabon! Das erste Chaos hat sich gelegt, die Unterkünfte sind bezogen, Lissabon füllt sich mehr und mehr mit Menschen, die an ihren Ausweisen um den Hals leicht als Teilnehmende des Weltjugendtags zu erkennen sind. Oft war die Anreise beschwerlich und auch die Unterkünfte sind mal mehr und mal weniger geeignet, um sich von den Strapazen des Tages auszuruhen, wie uns einige erzählt haben.

So berichten uns zwei Münsteraner Pilger von schwierigen Zuständen in ihrer Gruppenunterkunft. Sie erzählen von Menschen, die auf Fluren schlafen müssen, von Duschen, in denen von Privatsphäre keine Spur ist, und von einer ausgefallenen Essensausgabe am Abend. Eine andere Pilgerin erzählte mir, dass sie sich gerade zum Schlafen hingelegt hatte und um kurz nach Mitternacht neue Gäste ankamen, die erstmal lautstark ihre Luftmatratzen aufgeblasen haben. An Schlaf war da erstmal nicht mehr zu denken.

WJT-Pilger nehmen Widrigkeiten gelassen an

Dieser Wahnsinn gehört zu solch einem großen Event wohl unweigerlich dazu, durch das die Einwohnerzahl der portugiesischen Hauptstadt innerhalb kürzester Zeit um rund 50 Prozent wächst. Eine solche Menschenmenge führt auch immer wieder zu Warteschlangen. Sei es direkt bei der Ankunft, als die Schlafplätze verteilt wurden, oder bei den zahlreichen Essensausgaben, die überall in der Stadt verteilt sind. In einer solchen Schlange haben mein Kollege Paul und ich uns heute Mittag auch wiedergefunden.

Bei diesen ganzen Widrigkeiten zum Start ist es bewundernswert, wie geduldig die jungen Menschen das Schlangestehen als gegeben hinnehmen. Da wird nicht gedrängelt oder geschubst, viel mehr wird die Wartezeit genutzt, um ins Gespräch zu kommen. „Wo kommt ihr denn her?, „was habt ihr schon gemacht?“, „was wollt ihr heute noch machen?“, sind die typischen Fragen, die wahlweise in Deutsch, Englisch und weiteren Sprachen auf Lissabons Straßen zu hören sind.

Pause in Lissabons Innenstadt

Und wer dann doch mal eine Pause braucht, bekommt im deutschen Pilgerzentrum die Möglichkeit dazu. Untergebracht im Goethe-Institut in der Innenstadt bietet das Zentrum Räume an, mal laut, mal ganz leise, um kurz zu rasten. Zur Abkühlung gibt es Wassereis, das sich großer Beliebtheit erfreut, und im schattigen Garten gibt es Gelegenheit, Gesprächsangebote wahrzunehmen.

Zum Beispiel wird das aus dem Bistum Münster bekannte Format „Ask the bishop“ täglich in wechselnden Besetzungen angeboten. Dabei bekommen die Teilnehmenden die Möglichkeit, Bischöfen die Fragen zu stellen, die ihnen unter den Nägeln brennen. Heute erzählte der Kölner Weihbischof Dominikus Schwaderlapp von seiner Auszeit in Kenia, wo er „einfach Seelsorger sein konnte“ und mal den „ganzen Mist“ der Kirchenkrise vergessen konnte. Selbstkritik angesichts seiner erwiesenen Verfehlungen im Umgang mit Missbrauch war bestenfalls in Zwischentönen erkennbar. Applaus bekam er trotzdem. Am Nachmittag stellte sich Jugendbischof Johannes Wübbe aus Osnabrück den Fragen der Teilnehmenden. Über ihn wird mein Kollege Paul ausführlicher berichten.

Auftaktmesse mitten in der Stadt

Völlig unvermittelt zwischen Gesprächskreis und Wassereisstation hielt kurz das Chaos im Pilgerzentrum Einzug, als es plötzlich gackerte und ein leichtes Scharren im Eingangsbereich zu vernehmen war. Ein Huhn hatte sich ins Goethe-Institut verirrt! Nach kurzer Verwirrung packte die freundliche Dame am Empfang beherzt zu, bugsierte das leicht verstörte Huhn vor die Tür und setzte ihr freundliches Lächeln beim Empfang neuer Pilger wieder auf, als wenn nichts gewesen wäre. Großartig!

Heute Abend findet der zentrale Eröffnungsgottesdienst mitten in Lissabon statt. Dabei werden wir sehen, ob sich die Organisatoren gut auf die Massen vorbereitet haben. Morgen wisst ihr mehr.

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