Der Reporter-Blog vom Weltjugendtag aus Portugal

WJT 2023 (#04): Bei all der Freude – die katholische Kirche muss liefern

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Mehrere hunderttausend junge Leute aus aller Herren Länder feiern ab dem 1. August in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon den katholischen Weltjugendtag. Auch Papst Franziskus kommt – und rund 8.000 Teilnehmende aus Deutschland, rund 300 aus dem Bistum Münster. Vorher gibt es die Tage der Begegnung in Vila Real in der Nähe von Porto. Mittendrin: Paul Hintzke und Jan Dirk Wiewelhove von „Kirche-und-Leben.de“. In ihrem WJT-Blog erzählen sie jeden Tag von ihren Erlebnissen – auch abseits der großen Ereignisse.

29. Juli 2023, Samstag – Von Jan Dirk Wiewelhove, Vila Real/Vila Pouca de Aguiar

 

Der Weltjugendtag ist ein Fest der Begegnung junger Menschen und des Glaubens und soll es auch bleiben. Nach zwei Tagen der Tage der Begegnung mit vollem Programm und wunderbarem Programm hat sich genau diese Erkenntnis bei mir durchgesetzt.

Dazu beigetragen hat unter anderem diese Begegnung beim Diözesanempfang in Vila Real: Da wird spontan eine junge Teilnehmerin aus dem Bistum Münster von einer Französin in ein Gespräch verwickelt. Man trifft sich auf Englisch, hält Smalltalk und plötzlich wird in die Runde gefragt, warum eigentlich das Oktoberfest gegründet wurde. Kurz macht sich bei uns Ratlosigkeit breit, aber macht nichts, das Gespräch geht auch ohne diese Information weiter. Ich finde es erstaunlich, dass ein Gespräch zwischen einer Deutschen und Französin innerhalb von nur zwei Minuten auf das Oktoberfest als Thema kommt. Doch sei es drum. Es ist gut, dass dieses Gespräch stattfand, um Verständnis füreinander zu entwickeln. Und für solche Begegnungen braucht es Räume, so wie der Weltjugendtag eben einer ist.

Ein lockeres Gespräch geht in die Tiefe

Gleichzeitig hat mich heute ein lockeres Gespräch beeindruckt, das sich eher nebenbei ergab. Paul und ich waren auf Stimmenfang für eine Umfrage, die ihr am Wochenende auf unserem Instagram-Account finden könnt. Der Dreh war im Kasten, da sagte eine gerade befragte 22-Jährige leise in sich hinein: „Ach man, ich hätte doch antworten sollen, dass ich auf die Bischofsgespräche gespannt bin.“ Paul hatte diesen leisen Zwischenruf gehört und hakte sofort nach.

Was interessiert dich genau an einer solchen Fragestunde, fragte er. Und schon kam es zu diesem Gespräch, das die Wurzeln des Glaubens zutiefst berührte, ohne sich in theologischen Floskeln zu verlieren und ohne Vorwürfe zu erheben. Ihre Ausgangsfrage war: „Warum sind in der Messe eigentlich nur Priester in die Kirche eingezogen und keine einzige Frau?“ Eine einfache wie kluge Frage, die unbedingt beantwortet werden sollte, fanden wir alle in der Runde.

Die Zukunft des Glaubens

Dahinter steht bei all den Tanzeinlagen, Gassenhauer-Liedern und fröhlichen Gesprächen hier in Portugal der tiefe Wunsch vieler jungen Menschen, dass es mit dem Glauben bei all den Konflikten und Skandalen in der katholischen Kirche weitergehen muss. Doch ist es noch zeitgemäß, dass nur Männer Priester werden dürfen, Homosexuelle und Trans-Personen weiterhin diskriminiert werden?

Für mich liegen die Antworten auf diese Fragen auf der Hand. Dass es im Vorfeld von Entscheidungen einer gründlichen Auseinandersetzung mit solchen tiefgreifenden Fragen bedarf, ist absolut notwendig. Doch muss diese Debatte ernsthaft geführt werden, gerade und insbesondere von Bischöfen und der Kirchenleitung in Rom. Auch hierfür kann der Weltjugendtag ein wunderbares Forum bieten.

Ach, übrigens, für alle, die es noch nicht wussten: Das Münchner Oktoberfest geht auf ein Pferderennen zu Ehren einer königlichen Hochzeit im Jahr 1810 zurück.

Wir melden uns morgen wieder.

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