Brandbrief an die Stadtgesellschaft

Wohnungslosenhilfe in Münster kritisiert mangelnde Akzeptanz Bedürftiger

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In einem offenen Brief hat sich die Arbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe in Münster an die Bürger der Stadt gewendet. Sie kritisiert einen ausgrenzenden Umgang mit sozial benachteiligten Menschen.

Mit klaren Worten hat die Arbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (AG WLH) in Münster einen ausgrenzenden Umgang mit sozial benachteiligten Menschen in der Stadt kritisiert. Das Ansehen der betroffenen Menschen habe in der vergangenen Zeit stark gelitten, schreiben die zwölf kirchlichen, freien und öffentlichen Träger, die in der AG WHL organisiert sind, in einem offenen Brief an alle Bürger, Organisationen des öffentlichen, religiösen und sozialen Lebens der Stadt.

Eine einseitige Berichterstattung in den lokalen Medien hat aus Sicht der Unterzeichner dazu beigetragen, den Blick auf obdachlose Menschen zu verschlechtern. Als Beispiel nennt Matthias Eichbauer vom Obdachlosentreff an der Clemenskirche die Diskussion um die Baumaßnahmen rund um den Bahnhof. „Es gibt kein Hilfesystem, das alle Menschen von der Straße holen kann – deshalb braucht es Räume, in denen die Betroffenen akzeptiert sind.“

In einer Großstadt werden Notlagen sichtbar

Der Anteil sozial Benachteiligter steige in einer wachsenden Großstadt automatisch, heißt es in dem Brief. „Als Folge werden diese BürgerInnen im öffentlichen Raum vermehrt sichtbar.“ Das sei zu akzeptieren, ein Verdrängen „vermeintlich unbequemer BürgerInnen“ aus dem Erscheinungsbild der Stadt könne es nicht geben. „Zudem ist zu akzeptieren, dass durch das Hilfesystem nicht immer alle Menschen zu erreichen sind.“ Auch der Rückgang kirchlicher Strukturen und traditionellen Ehrenamts trügen dazu bei.

Eichbauer kennt Münster eigentlich als eine Stadt, in der viele Menschen sozial denken und solidarisch handeln. „Das darf jetzt nicht kippen“, sagte er im Gespräch mit Kirche-und-Leben.de. „Die Stadt gehört allen Menschen, auch denen, die chronisch suchtkrank sind oder auf der Straße leben.“ Er erinnerte daran, dass Münster aus einem Kloster entstanden sei, „an dessen Pforte jeder klopfen konnte.“

Inflation und teurer Wohnraum verschärfen Situation

Die AG WLH, in der unter anderem auch die Alexianer in Münster, die Caritas, die Bischof-Hermann-Stiftung und der Aktion „Ein Rucksack voll Hoffnung“ vertreten sind, nennt weitere Gründe für die steigenden Herausforderungen in der Wohnungslosenhilfe. So verschärften die Verteuerung von Wohnraum, steigende Lebenshaltungskosten oder der erhöhte Bedarf in der Versorgung von psychisch kranken Menschen die Situation.

Die kirchlichen, freien und öffentlichen Träger der Wohnungslosenhilfe in Münster arbeiten mit der Lokalpolitik und der Verwaltung an einem „Masterplan“ zur Bewältigung dieser Herausforderungen, heißt es in dem Brief. Insbesondere die Entwicklung „neuer, passgenauer Hilfsangebote“ stünden dabei im Fokus. „Wir erwarten hiervon eine deutliche Verbesserung der Lebenssituationen von Menschen in sozialen Notlagen.“

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