Chefredakteur Markus Nolte zu erstarkendem Rechtsradikalismus in Deutschland

„AfD eine Nazi-Partei“: – Wüsts Klartext stünde auch der Kirche gut

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Treffen von AfD-Politikern und -Sympathisanten mit Rechtsextremen: Das kann niemanden wirklich wundern, sagt Chefredakteur Markus Nolte. Und tut es in manchen kirchlichen Kreisen offenbar doch. Diese Naivität kann sich keiner mehr leisten.

„Eine Partei, in der Nazis den Ton angeben und in der Nazi-Inhalte vertreten werden, ist eine Nazi-Partei.“ Erstaunlich, dass derart logische Selbstverständlichkeiten über die AfD in dieser Zeit überhaupt Schlagzeilen-Potenzial haben. Sie haben es, weil es ein CDU-Politiker ist, der zu dieser dort offenbar überraschenden Erkenntnis kam.

Hendrik Wüst, NRW-Ministerpräsident, Münsterländer und CDU-Mann, ist zu danken, dass er sich zu derart klarer Positionierung durchgerungen hat. Noch im vergangenen Sommer hatte sein Parteichef Friedrich Merz von kommunalen, darum angeblich harmlosen Zweck-Koalitionen seiner CDU mit der AfD fabuliert. Es dauerte, bis dieser „Pragmatismus“ als kräftiges Zündeln an der Brandmauer erkannt wurde.

Beinahe Bedauern in Berlin

Doch damit ist die CDU nicht allein. Auch die katholische Kirche hat mitunter wenig Probleme bei pragmatischem Zusammenarbeiten mit Reichlichrechtsauslegern. So konnte offenbar völlig bedenkenlos der frühere CDU-Senator Peter Kurth fast zehn Jahre lang das Erzbistum Berlin in Finanzfragen beraten – bis letzte Woche bekannt wurde, dass auch er sich wohl in seiner Privatwohnung mit Rechtsaußen wie Maximilian Krah und mit dem Rechtsextremisten Martin Sellner traf. 

Doch statt sich offensiv von Kurth zu trennen und dies öffentlich bekanntzugeben, bestätigt das Erzbistum Berlin erst auf Medienanfrage, ein offenbar auf Kurths Initiative eingereichtes Rücktrittsgesuch angenommen zu haben. So aber wirkt das beinahe ein bisschen wie: „Wir bedauern zutiefst.“

Augsburger Ausgrenzungen

Oder: Augsburgs Bischof Bertram Meier tat sich noch im September schwer damit, AfD-Mitglieder „pauschal“ von Kirchenämtern auszuschließen. Seine Begründung: Ausgrenzen geht gar nicht, da werden sie ja erst recht extrem. - Wirkt ein bisschen so wie: Ausgrenzen überlassen wir der AfD, da sind die die Profis. 

Stimmt: Die sagen, wer „zu uns“ gehört und wer zu verschwinden hat, remigriert werden muss, deportiert gehört: So fängt es an. Und endet beim Nachbarn. Bei mir. So fing es schon einmal an. Damals. Jeder weiß das.

Doch erst wenn die katholische Kirche an den evangeliumsgemäß entscheidenden Stellen aufhört, Menschen auszugrenzen, von „denen“ und „uns“ zu sprechen, von pastoralem Segen und harmlosem Pragmatismus zu fabulieren wie die CDU auf vermeintlich kommunal beschränkter Ebene, erst dann kann sie sein, was sie sein muss: eine starke Stimme auch gegen Nazis.

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