„Grundordnung“ gilt für 750.000 Beschäftigte bundesweit

Experte Reichold: Neues katholisches Arbeitsrecht liegt im Sommer vor

  • Der Jurist Hermann Reichold geht davon aus, dass das deutsche katholische Arbeitsrecht bis Sommer grundlegend überarbeitet wird.
  • Die entscheidenden Passagen der sogenannten Grundordnung würden dann der Bischofskonferenz als Beschlussvorlage zugehen, sagte Reichold.
  • Zur Reform stehen etwa die "Verstöße gegen Loyalitätsobliegenheiten" an.

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Der Jurist Hermann Reichold geht davon aus, dass das deutsche katholische Arbeitsrecht bis Sommer grundlegend überarbeitet wird. Die entscheidenden Passagen der sogenannten Grundordnung würden dann der Bischofskonferenz "in wesentlich veränderter Form" als Beschlussvorlage zugehen, erklärte Reichold auf Anfrage. Der Chef der Forschungsstelle für kirchliches Arbeitsrecht der Universität Tübingen berät beide großen Kirchen und gilt als bestens vernetzt.

Die Grundordnung gilt für bundesweit rund 750.000 Beschäftigte der katholischen Kirche oder der Caritas. Überarbeitet werden müssen laut Reichold vor allem die Artikel 3 bis 5. Darin heißt es etwa, Mitarbeitende sollten die "Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre anerkennen und beachten". Für Seelsorgende und leitende Angestellte wird auch "das persönliche Lebenszeugnis im Sinne der Grundsätze der Glaubens- und Sittenlehre" erwartet.

Umstrittene "Loyalitätsobliegenheiten"

Immer wieder zu Streit führen die in Artikel 5 erwähnten "Verstöße gegen Loyalitätsobliegenheiten", weil damit auch Kündigungen begründet werden können - etwa bei "schwerwiegenden persönlichen sittlichen Verfehlungen", die "erhebliches Ärgernis" erregen oder die Glaubwürdigkeit der Kirche beeinträchtigen könnten. Das kann bisher etwa eine zivile Wiederheirat nach Scheidung sein oder eine homosexuelle Partnerschaft.

Zuletzt mehrten sich Rufe nach einer Liberalisierung. Auch beim Reformprojekt Synodaler Weg war das kirchliche Arbeitsrecht Thema. Verstärkt wurde die Diskussion durch die Initiative #OutInChurch. Dabei hatten sind 125 katholisch Beschäftigte als nicht-heterosexuell geoutet.

Mehrere Bistümer hatten Lockerungen beim Arbeitsrecht angekündigt. Am Freitag äußerte sich auch Münsters Generalvikar Klaus Winterkamp entsprechend.

Umsetzung in den einzelnen Bistümern

Um die Neufassung der Grundordnung kümmert sich seit Jahren eine Arbeitsgruppe. Laut Medienberichten wollen die deutschen Ortsbischöfe bis Juli eine Entscheidung treffen, der Paderborner Generalvikar Alfons Hardt sprach von Juni. Die Bischofskonferenz nannte bisher keinen Zeitpunkt.

Notwendig für einen Beschluss ist eine Zweidrittelmehrheit. Die Umsetzung erfolgt dann in den einzelnen Bistümern. Bei der Novellierung 2015 hatten einige Bischöfe die neuen Bestimmungen erst verzögert in Kraft gesetzt. Das Recht der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, ihr Arbeitsrecht selbstständig zu regeln, ist im Grundgesetz verankert.

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