Bundesweite Online-Aktion „OutInChurch“ will eine "Kirche ohne Angst"

125 Kirchenleute outen sich: Wir sind LGBTIQ+-Personen

  • 125 kirchliche Mitarbeitende in Deutschland haben sich öffentlich als schwul, lesbisch, bisexuell, transgender, intergeschlechtlich oder non-binär („LGBTIQ+“) bekannt.
  • An der Aktion "OutInChurch" beteiligen sich Priester, Diakone, Ordensleute, Pastoralreferent:innen, Religionslehrer:innen und andere kirchliche Angestellte.
  • Sie fordern eine "Kirche ohne Angst" und ein Ende der Diskriminierung queerer Menschen.

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125 kirchliche Mitarbeitende in Deutschland haben sich öffentlich als schwul, lesbisch, bisexuell, transgender, intergeschlechtlich oder non-binär („LGBTIQ+“) bekannt. An der Online-Aktion „OutInChurch – Für eine Kirche ohne Angst“ beteiligen sich Geistliche und Ordensleute, Pastoralreferentinnen und -referenten, Religionslehrerinnen und -lehrer sowie Vertreter anderer Berufsgruppen, die bei der Kirche arbeiten.

„Wir wollen damit zeigen: Wir sind längst da“, sagt Pfarrer Bernd Mönkebüscher aus Hamm auf Anfrage von „Kirche+Leben“. Die Kirche bediene sich eines Potenzials bei ihren Mitarbeitenden, „die Herz, Kraft und Energie in den Beruf stecken, die sich aber trotzdem verstecken müssen und nicht zeigen dürfen, wie sie sind“. Das habe Menschen krank gemacht und mache sie weiterhin krank. „Aber das steht einer Organisation nicht gut an, die verkündet, dass die Wahrheit frei macht. Im Gegenteil: Es schadet ihr.“

Inspiriert von "ActOut" 2021

Mönkebüscher hatte sich vor drei Jahren öffentlich zu seiner Homosexualität bekannt und gehörte auch zu den Initiatoren der Aktion „#liebegewinnt“, die im vergangenen Jahr gegen das römische Verbot von Segnungsfeiern auch für gleichgeschlechtliche Paare protestiert und aus Solidarität genau solche Gottesdienste angeboten hatte.

Gemeinsam mit dem Religionspädagogen Jens Ehebrecht-Zumsande, Leiter des Grundlagenreferats „Kirche in Beziehung“ im Erzbi­s­tum Hamburg, hatte er nun auch die Idee zu „OutInChurch“ – „inspiriert von ActOut, einem im Februar 2021 veröffentlichten Manifest von 185 queeren Schauspielerinnen und Schauspielern“, erläutert Mönkebüscher.

Die Forderungen von "OutInChurch"

Die Teilnehmenden fordern, dass queere Personen in der Kirche „ohne Angst offen leben und arbeiten können“. Dazu gehöre eine Reform des kirchlichen Arbeitsrechts: Eine Partnerschaft oder standesamtlich geschlossene Ehe dürfe „niemals als Loyalitätsverstoß oder Kündigungsgrund gewertet werden“. Zudem dürfe die Kirche queeren Personen weder einen Segen noch den Zugang zu den Sakramenten vorenthalten.

„Diffamierende und nicht zeitgemäße Aussagen“ der kirchlichen Sexuallehre müssten auf Grundlage theologischer und humanwissenschaftlicher Erkenntnisse revidiert werden – nicht zuletzt in weltweiter Verantwortung für die Menschenrechte. Darüber hinaus solle die Kirche „jeder Form von Diskriminierung entschieden entgegentreten und eine Kultur der Diversität fördern“.

"OutInChurch": Bischöfe müssen Verantwortung für Leid übernehmen

Pfarrer Bernd Mönkebüscher aus Hamm. | Foto: Robert Szkudlarek (pd)
Pfarrer Bernd Mönkebüscher aus Hamm. | Foto: Robert Szkudlarek (pd)

Die Aktion beklagt, die Kirche habe im Umgang mit LGBTIQ+-Personen „viel Leid verursacht“. Daher müssten die Bischöfe „dafür im Namen der Kirche Verantwortung übernehmen, die institutionelle Schuldgeschichte aufarbeiten und sich für die von uns geforderten Veränderungen einsetzen“.

Knapp ein Viertel der Kirchenleute, die sich auf der Homepage outen und den Forderungen anschließen, sind aktive Priester. Die Hälfte von ihnen nennt auch ihren Namen und zeigt sich mit einem Foto. Beim Start der Aktion stammten unter anderem 13 Teilnehmende aus dem Bistum Münster, 16 aus dem Erzbistum Köln, neun aus dem Erzbistum Paderborn. „Eichstätt, Erfurt, Fulda und Speyer etwa sind gar nicht vertreten“, berichtet Mönkebüscher.

Die Aktion wolle jedoch bewusst alle kirchlichen Mitarbeitenden in den Blick nehmen. „Bei einem Priester sieht man über seine sexuelle Orientierung in der Regel hinweg, weil man davon ausgeht, dass er im Zölibat lebt“, sagt Mönkebüscher. „Laienberufe sind schneller von einer Kündigung bedroht, insbesondere dann, wenn etwa zwei Frauen im verkündigungsnahen Beruf heiraten.“

Mönkebüscher: Änderungen des Arbeitsrechts ungenügend

Erste Veränderungen des kirchlichen Arbeitsrechts etwa für kirchliche Angestellte, die nicht im Verkündigungsdienst tätig sind, genügten nicht, zumal je Bistum und Bischof willkürlich damit umgegangen werde. „Wenn eine Putzfrau lesbisch sein darf oder ein Chefarzt schwul – das ist aus der Not geboren, weil wir kein Personal mehr finden, das sich mit dieser Kirche identifiziert“, glaubt Mönkebüscher. „Und bei den Menschen im pastoralen Dienst herrscht weiter Angst als Mittel.“

Beim Synodalen Weg und bei manchen Bischöfen sehe man, dass diese Themen „besprechbarer“ seien als noch vor fünf Jahren. Die Aktion wolle das fördern und weitere Veränderungen bewirken. „Es geht uns mit ‚OutInChurch‘ nicht nur um einen Befreiungsschlag für uns selber“, sagt der Pfarrer. „Wir wollen eine Kirche ohne Angst.“

ARD-Dokumentation „Wie Gott uns schuf“
Begleitend zu der Aktion "OutInChurch" sendet "Das Erste" am 24. Januar um 20:30 Uhr die Dokumentation "Wie Gott uns schuf". Sie ist zudem bereits in der ARD-Mediathek abrufbar.

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