Priester wirft Kommunen und Kirchen „Prostitution für Steuern“ vor

Pfarrer Kossen: Deutsche gehen rassistisch mit Arbeitsmigranten um

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Die Deutschen blicken mit zum Teil offenem Rassismus auf Arbeitsmigranten aus Osteuropa, sagt Sozialpfarrer Peter Kossen. Und nennt konkrete Beispiele.

Der Menschenrechtler Pfarrer Peter Kossen aus Lengerich wirft den Deutschen Rassismus vor: Hinter dem Umgang mit Arbeitsmigranten stehe „ein latenter oder auch offener Rassismus“ nach dem Motto, Bulgaren und Rumänen müssten „auch mit weniger zufrieden sein“, sagte Kossen am Donnerstagabend in Cloppenburg-Stapelfeld.

Viele Migranten, die für niedrigste Löhne arbeiten müssten, würden „als Nummer geführt“, hätten kein Gesicht und keine Geschichte, so der Priester. Die Pflegekraft von „Oma Meier“ werde nur „die Polin“ genannt, der Helfer auf einem Bauernhof sei „Müllers Rumäne“. Für den tatsächlichen Namen interessiere sich kaum jemand.

„Bereit sein, gute Arbeit gut zu bezahlen“

Kossen macht seit Jahren auf die Not von Arbeitsmigranten in Deutschland zum Beispiel in der Fleischindustrie, der Logistik, aber auch in der Pflege und der Landwirtschaft aufmerksam. „Wenn ich nicht selbst bereit bin, gute Arbeit gut zu bezahlen, dann bezahlen die Schwächsten die Rechnung, zum Beispiel die Sklaven in der Fleischindustrie“, sagte Kossen bei einem Vortrag in der Katholischen Akademie Stapelfeld.

Er prangerte erneut das System von Leiharbeit und Werkverträgen in vielen Branchen an. Wer mit kriminellen Subunternehmern „Geschäfte macht, ist selbst kriminell. Wer sich die Mafia zunutze macht, ist Mafia“, betonte der Geistliche.

„Sozialbetrug der Unternehmer“

Viele Unternehmer kalkulierten von vornherein ein, dass Arbeitnehmer Sozialleistungen wie Wohngeld oder die Hartz-IV-Aufstockung erhalten. Das mache prekäre Löhne möglich und sei „der eigentliche Sozialbetrug“, führte Kossen aus. So würden „verantwortungslose Geschäftsmodelle“ subventioniert.

Der Sozialpfarrer fragte, wo der Protest von Kommunen und Kirche gegen die Ausbeutung von Arbeitsmigranten bleibe: „Wie tief verneigt sich die Lokalpolitik, aber auch die Kirche, vor der regionalen Wirtschaft? Wie schamlos prostituieren beide sich für Gewerbesteuern und Kirchensteuern?“

„Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“

Die Wirkung bestehender Gesetze und bisheriger Kontrollen zweifelte Kossen an: „Wo sind Arbeitsmigranten sicher vor Ausbeutung und Abzocke?“, fragte er und antwortete: „In unserem Land jedenfalls nicht.“

Es müsse gelten: „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort!“ Werkverträge und Leiharbeit seien zu begrenzen. Zudem brauche es eine muttersprachliche und kostenlose Rechtsberatung für Arbeitsmigranten, die diesen auch vor Gericht helfe.

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