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Segnung von Homosexuellen, Weihe von Frauen, persönliche Lebensform – künftige Religionslehrer sehen sich zwischen kirchlichem Auftrag und persönlicher Meinung. Der frühere Generalvikar des Bistums Münster, Norbert Köster, stellte sich ihren Sorgen.
Der frühere Generalvikar des Bistums Münster, Norbert Köster, hat angehende Religionslehrerinnen und -lehrer dazu ermutigt, angesichts berechtigter Anfragen an die Kirche kritisch und zugleich loyal zu bleiben. Köster ist als Kirchenhistoriker Privatdozent an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster.
Segnung von Homosexuellen, Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen, Weihe von Frauen – die Studierenden beschäftigte vor allem, dass die Kirche sich bei diesen Themen kaum bewege. Zudem würden sie deshalb von Kommilitonen angegangen: „Wenn die Kirche Homosexuelle, Wiederverheiratete oder Frauen ausgrenzt, ist das für viele ein Widerspruch zur gepredigten Nächstenliebe“, berichtete ein Student. Er frage sich, wie sich Religionslehrer bei strittigen Fragen zwischen kirchlichem Auftrag und persönlich anderer Meinung positionieren sollten.
„Niemand kontrolliert Ihre Lebensform“
Köster betonte, in der Seelsorge gelte es, jeden Einzelfall gesondert zu betrachten und auf die Bedeutung des eigenen Gewissens zu verweisen – „was aber nicht heißt: anything goes“. Der Historiker räumte ein, die Kirche habe sich mit Neuerungen immer schwer getan. Am Beispiel der Bewertung von Homosexualität wies er zudem darauf hin, dass sie auch in der staatlichen Gesetzgebung lange Zeit unter Strafe stand. Es sei Aufgabe der Religionslehrer aufzuzeigen, wie sich Normen verändert haben. Die katholische Kirche sei in einem „gewaltigen Wandel“.
Zugleich warb Köster für Gelassenheit in Fragen der Sexualmoral oder der Lebensweise von Hauptamtlichen in der Kirche: „Kein Sex vor der Ehe – wer verkündet das denn heute wirklich noch?“, fragte Köster. „Und es kontrolliert doch ernsthaft niemand, mit wem Sie zusammenleben.“ Er kenne aus den vergangenen Jahren keinen einzigen Fall, in dem einem Religionslehrer wegen seiner Meinung oder seiner Lebensform die kirchliche Beauftragung entzogen worden sei.
„Die Grundbeziehung muss stimmen“
Wichtig sei es, dass „die Grundbeziehung zur Kirche stimmt“, sagte Köster: „Wenn ein Schüler merkt, dass Sie wirklich aus dem ganzen Schatz der Kirche schöpfen, dann macht Sie Ihre persönliche Kritik umso authentischer.“ Dass sei nicht zuletzt deshalb bedeutsam, weil Schulen die Begegnung mit jenen „90 Prozent ermöglichen, die mit Kirche nichts zu tun haben“.
An die künftigen Religionslehrer gewandt sagte Köster: „Sie stehen für diese Kirche, Sie sind das Gesicht der Kirche für viele junge Menschen, meistens das einzige.“ Die Kirche müsse Religionslehrer daher für diesen Dienst deutlicher unterstützen.