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Mit überwältigenden Mehrheiten hat die Synodalversammlung mutige Beschlüsse zu sämtlichen heißen Eisen der katholischen Kirchenkrise gefasst. Doch noch ist nicht alles in trockenen Tüchern - und letztlich wird immer mit dem Lehramt und der Weltkirche gedroht. Drehen wir den Spieß um, sagt Chefredakteur Markus Nolte. In seinem Kommentar macht er klar, warum der Synodale Weg in Deutschland das Zeug hat, die Weltkirche zu ermutigen. Und Rom.
Jetzt bloß keine Angst vor der eigenen Courage! Was die dritte Synodalversammlung in Frankfurt auf die Beine gestellt hat, lässt selbst ernüchterte Kirchenreformträumer sich die Augen reiben: Öffnung des Zölibats? Sicher! Weihe für Frauen? Natürlich! Laienbeteiligung bei Bischofswahlen? Klar! Wertschätzung für queere Menschen und Paare? Logisch! Zivile Eheschließung für geschiedene und queere Kirchenleute ohne Kündigungsangst? Selbstverständlich!
Kurzum: Viele der Beschlüsse – teils mit überwältigenden Mehrheiten von 80 Prozent und mehr – hätten noch vor zehn Jahren beim „Gesprächsprozess“ bei vielen mittelschwere Bauchkrämpfe ausgelöst.
Und wenn die Bischöfe doch noch ablehnen?
Also, da hat sich unglaublich viel getan. Das ist gut so und ein Erfolg, auch wenn sich die Euphorie über das Erreichte bei den Zweiten Lesungen im September bewähren muss. Alles wäre freilich dahin und die Katastrophe perfekt, sollten sich die nötigen Zweidrittel der Bischöfe dann gänzlich anders verhalten.
Das hieße, auch den Rest von Vertrauen zu verspielen, das in der gerade zu Ende gegangenen dritten Synodalversammlung überraschend deutlich zu spüren war. Wie konzentriert da argumentiert, wie diszipliniert debattiert, wie fleißig gearbeitet wurde, wie respektvoll bei der vorangegangenen Textarbeit Bedenken und Vorbehalte ernstgenommen wurden! Wie weise nicht einfach „das Lehramt“ mit plumpen Forderungen überstimmt, sondern mit aller Kraft aus Bibel und Theologie, Tradition und den Zeichen der Zeit vorangetrieben wurde!
Erfahrbare Synodalität
So kann tatsächlich eine erneuerte, befreite und befreiende, synodale und wieder glaubwürdige Kirche aussehen. Das ließ sich in Frankfurt in einer bewegenden Selbstverständlichkeit ahnen – und sei es allein in dem Bild der Doppelpredigt von Frau und Mann, Bischof und Laiin während der Eucharistiefeier, sei es in den Doppelmoderationen aus jeweils einer Frau und einem Geistlichen, in der gleichberechtigten Sitzordnung und den Rednerlisten – und in der immer wieder guten Unterbrechnung und Vergewisserung durch die geistlichen Impulse.
Nein, der Synodale Weg ist nicht die Anbahnung einer deutschen Nationalkirche, wie von seinen Gegnern stumpf behauptet wird. Er ist im Gegenteil ein zunehmend gelingendes Beispiel dafür, wie Synodalität geht, wie die Kirche weltweit sich von den überdeutlichen Zeichen der Zeit anfragen, herausfordern und verheutigen lassen kann.
Auch wir sind Weltkirche
Das haben erneut die internationalen Beobachter in Frankfurt bestätigt – diesmal aus Frankreich und Österreich. Ähnliche Projekte gibt es längst auch anderswo – etwa in den Staaten Mittel- und Südamerikas, in Australien, in Spanien, wo an ganz ähnlichen Themen gearbeitetet wird.
Darum kommt es jetzt auf die weltkirchliche Vernetzung an. Denn die Weltkirche ist nicht, wie manche meinen, der Ort, an dem alle Reformen scheitern – im Gegenteil. Vor allem ist weder Rom die Weltkirche noch steht die Kirche in Deutschland außerhalb von ihr. Auch wir sind Weltkirche!
Derweil in Deutschland ...
Gut, dass Bischof Georg Bätzing im Hintergrund einen steten Austausch mit dem vatikanischen Synodensekretariat angebahnt hat. Gut, dass das ZdK schon in zwei Wochen den Kontakt mit seinem österreichischen Pendant pflegt. So muss es weitergehen!
Und in Deutschland gilt es, Reformen konkret zu machen: gleich morgen beim Arbeitsrecht und bei der Vorbereitung von Bischofsernennungen.