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Christian Breuer, Redakteur der Bischöflichen Pressestelle, hat einen Tag im Katastrophengebiet in Ahrweiler geholfen. Die Menschen dort haben das Ausmaß der Katastrophe noch nicht realisiert. Doch die Dankbarkeit für die Hilfe ist groß bei den Bewohnern von Ahrweiler.
Unglaubliches Entsetzen hinterlässt der eintägige Hilfseinsatz in Ahrweiler bei Christian Breuer. Es sind die Bilder furchtbarer Zerstörung, hervorgerufen durch gewaltige Wassermassen, die in wenigen Sekunden über die Menschen und ihre Wohnorte hereingebrochen sind. Breuer (43), Mitarbeiter der Bischöflichen Pressestelle Münster, ist seit Sonntagabend wieder zuhause in Uedem-Keppeln im niederrheinischen Teil des Bistums Münster. Noch immer sind die Bilder in seinem Kopf, und gleichzeitig weiß er, nicht alles wirklich begriffen zu haben. Unfassbar ist das, was in der Eifel und in anderen Regionen Deutschlands geschehen ist.
Dabei war Breuer vorgewarnt. Sechs Wochen vorher war auch über seinen Heimatort Keppeln ein Starkregen niedergegangen. Über die Felder ist das Wasser gekommen und unter anderem in das Haus seines Vermieters eingedrungen. „Wir haben Tage gebraucht, um die Räume vom Schlamm zu befreien. Wir wussten also, wie man nach so einem Einsatz aussieht“, erinnert sich Breuer. „Aber in Keppeln waren es nur einige Häuser, in Ahrweiler ganze Straßenzüge.“
Menschen in Ahrweiler mit Schlammschippen beschäftigt
Sein Vermieter hat am Samstag die Initiative ergriffen: „Komm, lass uns nach Ahrweiler fahren!“ Über die Homepage des Südwestrundfunks (SWR) meldet er sich an. Ein Hilfsgesuch eines Apothekers fällt ihm direkt auf. Dieser sucht Helfer, um sein Geschäft vor den Schlammmassen zu retten. Auch der Uedemer ist Geschäftsmann, er betreibt einen Sanitärhandel. Am Samstagabend ist der Einsatz festgemacht. „Ich habe noch Plätze frei“, sagt er. Christian Breuer ist dabei.
Mit insgesamt acht Helfern starten sie am nächsten Morgen Richtung Ahrweiler. Alle haben Wechselklamotten und frische Schuhe dabei. Wie notwendig das ist, wissen sie noch von dem Starkregen in Keppeln. In einem Pferdeanhänger sind Schläuche, Notstromaggregate, Pumpen und Lampen verstaut. Doch wie sich zeigt, brauchen sie das meiste nicht. So weit sind die Betroffenen noch nicht. Die Menschen sind hauptsächlich mit Schlammschippen beschäftigt.
Bild der Zerstörung ist gewaltig
Schlamm und Müll holten die Helfer aus dieser Apotheke in Ahrweiler heraus. | Foto: Stephan Hünting
In Ahrweiler melden sie sich bei der Polizei als Helfer und werden an den Katastrophenort weitergeleitet. Hochwassertouristen werden abgewiesen. Das Bild der Zerstörung ist gewaltig. Die Helferinnen und Helfer aus Uedem stürzen sich in die Arbeit. Sie reihen sich ein in eine lange Menschenkette, die mit Eimern hauptsächlich den Schlamm aus der Apotheke entfernt. Mit dabei sind auch ein Freundespaar aus Bonn und die Feuerwehr aus Landau. Ohne den Nachbarn zu kennen, wird der Eimer an ihn weitergeleitet. Wie selbstverständlich arbeiten alle zusammen. „Alle packen mit an. Viele Stunden, mitunter den ganzen Tag“, erinnert sich Christian Breuer.
Wie halten die Bewohner der zerstörten Straßen und Häuser diese Situation nur aus? Wie können die Betroffenen überhaupt funktionieren? Das fragt sich auch Breuer. „Ich hatte den Eindruck, die Menschen dort haben auf ein Notprogramm geschaltet. Sie räumen auf und versuchen zu retten, was zu retten ist“, sagt er. Er glaubt nicht, dass sie realisiert haben, was wirklich passiert ist. „Selbst die Todesfälle sind noch nicht wirklich bei ihnen angekommen“ meint er. „Zwischendurch, wenn es ruhige Momente gibt, kommt das ganze Elend hoch.“ Aber dann ist auch schon der nächste Schlammeimer da, der einen fordert. Es wird unermüdlich weitergearbeitet.
Menschen in Ahrweiler sind dankbar für Hilfe
Dankbarkeit – dieses Gefühl begegnet den Helfern allenthalben. Dankbar ist nicht nur der Apotheker, dem sie gerade helfen. Dankbar ist der ganze Ort, sind die Menschen in Ahrweiler. Es ist ein Gefühl, das den Uedemern den ganzen Tag begegnet. „Kommt vorbei, hier gibt es was zu essen und zu trinken“, wird ihnen überall freundlich zugerufen. Obwohl sie das Grauen hautnah und mit eigenen Augen wahrnehmen, können auch die Uedemer es nicht fassen.
„Wo vorher noch ein kleines Städtchen mit Cafés, Promenaden, Parks und Spielbanken gestanden hat, ist nur noch Zerstörung. Man fragt sich, wie das jemals wieder beseitigt werden kann“, sagt Breuer. Ist sein Einsatz hilfreich und sinnvoll? „Der Einsatz Einzelner ist nicht entscheidend. Die Kraft der großen Gruppe ist wichtig“, sagt er. Am Ende des Tages ist der Keller des Apothekers frei vom Schlamm. So wie auch andere Häuser.
Helfer sollen sich vorher anmelden
Über die Ahr führte an dieser Stelle eine Brücke. Sie wurde durch das Hochwasser vollständig zerstört. | Foto: Stephan Hünting
Trotz der Hilfe in Ahrweiler und anderswo wird es nach Breuers Einschätzung noch lange dauern, bis das Chaos beseitigt ist. „Ich bin kein Stadtplaner“, sagt Breuer „aber die ganze Promenade ist zerstört, die Kanäle gucken aus der Straße raus. Es ist eine Frage der Manpower. Die Anzahl von Bauunternehmen ist begrenzt. Sie können nicht überall zur selben Zeit tätig werden.“
Wie kann es weiter gehen? Welche Hilfe wird noch benötigt? „Sachspenden sind zurzeit nicht mehr gefragt. Spenden an die bekannten Einrichtungen und ihre Kontonummern sind eher zielführend“, so Breuer. Sicher würden noch Helfer wie Anstreicher oder andere Handwerker gebraucht. Aber Breuer warnt davor, sich einfach aufzumachen. Es sei besser, sich über die Homepage des SWR oder WDR anzumelden. „Dann wissen sie auch, dass man kommt und wird erwartet. Es war ein Mosaikstein“, sagt Christian Breuer nochmal. „Aber es war gut, geholfen zu haben.“
Spendenkonten für Hochwasser-Hilfe
Aktionsbündnis Katastrophenhilfe, unter anderem mit „Caritas international“: DE65 100 400 600 100 400 600
„Caritas international“: DE88 6602 0500 0202 0202 02, Stichwort „Fluthilfe Deutschland CY00897“
Aktion „Deutschland hilft“, unter anderem mit dem Malteser Hilfsdienst: DE62 3702 0500 0000 1020 30
Malteser Hilfsdienst: DE10 3706 0120 1201 2000 12